Fritsche Closener, Strassburgische Chronik: Judenpogrom in Straßburg (14. Februar 1439)

Do man zalte MCCCXLIX jor, do wurden die Juden zu Strasburg verbrent in eime kirchof uf eime hultzinen geruste, an sante Feltins tage; der viel des jores uf einen samesdag. Su wordent ouch des selben jores verbrant in allen steten uf deme Rine, es werent frie stette, oder des rieches, oder anderre herren. Dax geschach darumbe: man ziech su, su bettent brunen un andere wassere entsufert mit vergift. In etlichen steten brante man su mit urteil; in etlichen stieszent su die huser an mit fure, do su inne worent, un brantent sich selben. Do kam man zu Strosburg des uberein, daz in hundert joren kein Jude do solte geseszen sin.

Fritsche Closener, Strassburgische Chronik in: Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart (Bd. 1), Stuttgart, 1843 (nicht fiktiv)

Häufig in ihrer Geschichte mussten die Juden als Sündenböcke herhalten, wenn Dinge geschahen, die den einfachen Menschen unerklärlich erschienen. Verbrennung von Jueden während den Pogromen von 1439
So kam es auch zum Judenpogrom am Valentinstag 1349 in Straßburg, bei dem über 2000 Juden ermordet wurden.
Seit ungefähr zwei Jahren raste der Schwarze Tod durch Europa und raffte große Teile der Bevölkerung dahin. Da man keine Erklärung für diese Krankheitswelle hatte, begann man, den Juden nachzusagen, sie hätten die Brunnen vergiftet.
Vor diesem Hintergrund kam es zu schweren Judenpogromen in ganz Europa, beginnend 1348 in Savoyen, wo man unter Folter erpresste „Geständnisse“ von Juden zum Anlass nahm, viele jüdische Bürger zu töten. Schnell breitete sich die Welle der Judenpogrome aus, im Januar 1349 in Basel und im Februar desselben Jahres schließlich auch in Straßburg.
Dort hatte der Magistrat der Stadt zunächst noch versucht, die Juden zu schützen, musste sich am Ende aber dem Druck der Zünfte und vieler Einwohner beugen und duldete das nun folgende „Valentinstagsmassaker“ an der jüdischen Bevölkerung.
In Wirklichkeit standen hinter der Tat aber wohl vor allem wirtschaftliche Interessen. Viele der führenden Aufrührer hatten sich in der Vergangenheit besonders hoch bei Juden verschuldet und sahen nun eine Möglichkeit, sich dieser Schulden zu entledigen.
So wurde das Vermögen der Juden Straßburgs in der Folge unter den Zunftmitgliedern verteilt und manch ein Handwerker konnte sich daran massiv bereichern.
Auch der Straßburger Rat, sicherte sich große Teile des Vermögens und wurde so zum Nutznießer des Massenmordes.
In den nächsten Monaten setzte sich der Völkermord in vielen Städten, vor allem entlang des Rheines fort. In Mainz, wo zu dieser Zeit sogar die größte jüdische Gemeinde Europas lebte, sahen die jüdischen Bürger keine andere Möglichkeit mehr, als sich in ihren Häusern selbst zu verbrennen. Auch die Juden in Städten wie Freiburg, Köln, Brüssel, Antwerpen um nur einige Orte zu nennen blieben von Massakern nicht verschont.

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3 Reaktionen zu “Fritsche Closener, Strassburgische Chronik: Judenpogrom in Straßburg (14. Februar 1439)”

  1. Dubbs

    Unglaublich, davon hatte ich noch nie gehört. Es gibt also noch genügend Nachholbedarf in Sachen Geschichte. Respekt an euch für diese umfangreichen und zeitraubenden Arbeiten. Ich schaue nun öfters rein.

  2. admin

    Vielen Dank für das Lob!
    Wir werden auch weiterhin versuchen, interessante Themen herauszugreifen, die vielleicht noch nicht jeder kennt.
    Viel Spaß beim weiteren Lesen unseres Blogs!

  3. finxtox

    “Dort hatte der Magistrat der Stadt zunächst noch versucht, die Juden zu schützen, musste sich am Ende aber dem Druck der Zünfte und vieler Einwohner beugen und duldete das nun folgende „Valentinstagsmassaker“ an der jüdischen Bevölkerung.”
    Man musst etwas präzisieren: Der Magistrat (mit dem Ammanmeister Peter S[ch]warber an der Spitze), der die Juden schützen wollte, wurde auf Druck einer Koalition von Handwerkern und Patrizierfamilien entmachtet, damit das “Massaker” durchgeführt werden konnte.
    Hintergrund des Ganzen ist nicht nur die “Schuldenbefreiung” mit Hilfe die Mordaktion, sondern es muss auch vor dem Hintergrund der Kämpfe in der Stadt um die Herrschaft gesehen werden, wie es sie zur selben Zeit auch in anderen Städten gab. Das nicht lange zuvor entmachtete Stadtpatriziat nutzte die irrationalen Ängste im Vorfeld des Pestausbruchs, um sich mit Hilfe des Bischofs und durch ein Bündnis mit den Handwerkern wieder an die Macht zu bringen.