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Francisco de Goya: Die Erschießung der Aufständischen (3. Mai 1808)

Samstag, den 3. Mai 2008

Wie viele sind heute schon gestorben?
Diese da werden die nächsten sein. Hingerichtet von den französischen Besatzern, nur weil sie Spanier sind. Angeblich haben sie Waffen gegen die Franzosen geführt.
Jeder Spanier, der heute eine Waffe trug, sollte direkt getötet werden. Hunderte Leben hat die Bluttat der Franzosen gefordert.
Was haben diese dort auf dem Hügel getan? Wahrscheinlich nichts. Märtyrer sind sie für mich. Nicht Mörder, wie die Schergen Murats und Napoleons behaupten.
Ich bin froh, dass sich mich nicht sehen können, versteckt hinter diesen Sträuchern. Eingreifen kann ich nicht. Das wäre mein eigenes Todesurteil.
Aber ihre Geschichte werde ich erzählen. Sie muss festgehalten und der Nachwelt überliefert werden.
Sie sehen verzweifelt aus, diese armen spanischen Männer. Da, einer erhebt sich. Er bettelt um Gnade, streckt die Arme von sich, wie zum Zeichen, dass er keine Gefahr, dass er unbewaffnet ist.
Aber da kommt der Befehl zum Schuss. Viele Schüsse auf einmal. Hören kann ich es nicht, aber spüren kann ich es. Der mit dem weißen Hemd fällt wieder. Die, die in ihrer Verzweiflung schon auf dem Boden liegen sacken nun gänzlich zusammen. Welch schändliche Tat!

Das Gemälde El tres de Mayo / Die Erschießung der Aufständischen von Goya

(15 Minuten später)

Sie sind wieder weg. Die Franzosen haben den Ort ihres Verbrechens, den Principe Pio verlassen. Ein paar Skizzen konnte ich machen, damit nichts vergessen wird. Aber viel größer werde ich das später wiedergeben.
Die Franzosen haben nicht einmal Gräber ausgehoben. Nur ihre Sachen haben sie eingepackt und dann sind sie abgezogen.
Im schwachen Schein meiner Laterne habe ich mich hervorgewagt an den Ort der blutigen Tat. Hoffentlich kann man das Leuchten meiner Laterne nicht vom Fuß des Hügels sehen. Hoffentlich kommen die Franzosen nicht zurück.
Im leichten Schimmer des Lichtes wirkt alles so friedlich. Aber die Leichen da drüben zeichnen ein anderes Bild. 30, vielleicht 40 Körper liegen da übereinander, im Blut des jeweils anderen. Da sehe ich auch den Mann mit dem weißen Hemd, der noch kurz vorm Ende versucht hat, die Besatzer zu besänftigen.
Seine Hände sind durchschossen. Sie waren ausgestreckt, als die Schüsse fielen. Wie die Wundmale des Gekreuzigten sehen diese Verletzungen an den Händen aus, die die Kugeln gerissen haben.
Wahrlich, Märtyrer waren sie für die spanische Sache, für unsere Freiheit.
Ich werde dafür sorgen, dass sich nicht vergessen werden.

In der Nacht vom 2. auf den 3. Mai 1808 wurden auf dem Principe Pio, einem Hügel bei Madrid, 45 Spanier von französischen Truppen durch Erschießung hingerichtet.
Der Hinrichtung voraus gegangen war ein Aufstand der Bevölkerung Madrids gegen die von den Franzosen nach der Besetzung Spaniens erzwungenen Abdankung der spanischen Herrscherfamilie der Bourbonen.
Im Zuge der Napoleonischen Kriege hatten französische Truppen Spanien besetzt und die Kontrolle über die spanischer Königsfamilie errungen. Nachdem diese von den französischen Truppen unter deren Oberbefehlshaber Joachim Murat, einem Schwager Napoleons, der nur zwei Monate später von Napoleon zum König von Neapel ernannt wurde, zum Verlassen der Hauptstadt aufgefordert worden war, stellte sich die Bevölkerung Madrids gegen die Abreise des Bruders des spanischen Königs, Francisco de Paula.
Es kam zu einem offenen Aufstand und die französischen Besatzer schlugen mit aller Macht zurück. So erging von Murat der Befehl, alle Spanier, die in Madrid mit einer Waffe angetroffen wurden, sofort zu töten. In der Folge wurden fast 400 Spanier von den Franzosen hingerichtet, unter ihnen die Erschossenen des Principe Pio.
Das Geschehen wurde sechs Jahre später vom Maler Francisco de Goya in seinem Gemälde „El tres de Mayo“ (übersetzt: „Der dritte Mai“, auf Deutsch aber bekannt unter dem Namen „Die Erschießung der Aufständischen“) festgehalten.
Dass Goya das Geschehen auf dem Hügel wirklich selbst beobachtet hat, wie einige Legenden zu berichten wissen und wie der fiktive Teil dieses Beitrages suggeriert, ist äußerst unwahrscheinlich.
Sein Gemälde ist daher auch kein realistisches Abbild des Geschehens, sondern eine dramatisierte Zuspitzung der Ereignisse. Die Anspielung auf die Wundmale Christi existiert aber auf dem Bild an den Händen des Mannes mit dem weißen Hemd, der den Fokus des Gemäldes ausmacht.
Das Gemälde hängt heute im Prado in Madrid.
Zwei
Goya, geboren 1746, gestorben 1828, hat das Leid Spaniens unter der französischen Besatzung während der Napoleonischen Kriege nicht nur auf diesem einen Bild festgehalten, sondern auch in der aus 82 Grafiken bestehenden Serie „Desastres de la Guerra“ („Die Schrecken des Krieges“).
Allerdings wendet er sich damit nicht wie ein Propagandist einseitig nur gegen die französische Besatzung, sondern gegen das durch den Krieg verursachte Leid insgesamt und griff auch immer wieder von spanischen Aufständischen begangene Gräueltaten auf.

(Das erste Bild zeigt das Gemälde “El tres de Mayo” / “Die Erschießung der Aufständischen” von Goya, das zweite zwei Grafiken aus der Serie Desastres de la Guerra / Die Schrecken des Krieges)

“Kapitulation von Santa Fe” (17. April 1492)

Donnerstag, den 17. April 2008

Cristobal Colon, geboren zu Genua, erhält für sich auf Lebenszeit und für seine Nachfolger sowie seine Erben den Rang eines Admirals in jenen Ländern, die er entdecken und erobern wird. Seine Rechte werden die gleichen sein, wie sie der Großadmiral von Kastilien in seinem Bereich besitzt.
Cristobal Colon wird Vizekönig der von ihm entdeckten Ländern werden, mit dem Recht, Gouverneur jeder Insel oder Provinz drei Bewerber vorzuschlagen, unter welchen die Krone einen auswählen wird.
Cristobal Colon erhält das Recht, von allen Perlen, Edelsteinen, Gold, Silber, Spezereien sowie allen anderen Kauf- und Handelswaren, die in seinem Bereich gefunden, gebrochen, gehandelt oder gewonnen werden, nach Abzug der Kosten ein Zehntel für sich zu behalten.
Cristobal Colon oder sein Stellvertreter wird der einzige Richter in allen Prozessen sein, die aus dem Verkehr zwischen den Gegenden und Spanien erwachsen.
Cristobal Colon beteiligt sich jetzt und in Zukunft am achten Teil der Kosten für die Ausrüstung von Schiffen zu dieser Entdeckung und erhält dafür den achten Teil des Gewinns.

(Vertragstext der “Kapitulation von Santa Fe” in der Übersetzung nach Robert Grün, nicht fiktiv)

Die Landung der Spanier in der Neuen Welt

Seit die Osmanen im 14. Jahrhundert weiter nach Westen vorgedrungen waren und das Byzantinische Reich zunehmend an Macht verloren hatte, war der Landweg von Zentraleuropa nach Indien, wie ganz Asien genannt wurde, weitgehend versperrt. Güter wie Seide und Gewürze, die aus diesen Regionen dennoch nach Europa gelangten, hatten eine enorme Preissteigerung erfahren.
Zu Beginn des 15. Jahrhunderts versuchten die Portugiesen diese Entwicklung zu umgehen, indem sie in Richtung Osten einen Seeweg nach Indien suchten.
Christoph Kolumbus griff zwischen 1470 und 1480 auf eine Theorie von Aristoteles zurück, die eine westwärts gerichtete Route nach Indien befürwortete. Er begann mit gezielten Recherchen zu dieser Möglichkeit. Um den Plan in die Tat umsetzen zu können, benötigte er jedoch einen potenten Geldgeber, da er selbst nicht in der Lage war die notwendigen finanziellen Mittel aufzubringen.
Sein Vorsprechen am portugiesischen Königshof war nicht von Erfolg gekrönt, da die Berater des Königs die von Kolumbus berechnete Entfernung von rund 4.500 Kilometern, die auf der Westroute zwischen den Kanaren und Japan liegen sollten, für zu kurz hielten, womit sie - wie wir heute wissen – Recht hatten.
1485 begab sich Christoph Kolumbus von Portugal nach Spanien, wo er auf die Unterstützung des Königspaares Ferdinand II. von Aragon und Isabella I. von Kastilien hoffte. 1486 wurde Kolumbus von Königin Isabella zu einem Besuch am Hof aufgefordert, wo er den Schatzmeister Alonso de Quintanilla rasch für seine Pläne begeistern konnte. Trotz dieser prominenten Unterstützung lehnte ein Komitee die ehrgeizigen Pläne ab. Dennoch wurde Kolumbus vom spanischen Hof weiterhin finanziell unterstützt, was wohl vor allem dem Zweck diente, dass er mit seinen Plänen nicht zu einem anderen europäischen Herrscher abwanderte. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass der spanische Königshof die Pläne des Kolumbus schon zu diesem Zeitpunkt für nicht vollkommen unrealistisch hielt, auch wenn sie offiziell abgelehnt wurden.
1488 weilte Christop Kolumbus, oder Cristobal Colon wie er auf spanisch heißt, zu erneuten Verhandlungen am portugiesischen Königshof, konnte dort aber keine Einigung erzielen, sodass er schon bald nach Spanien zurückkehrte. Gleichzeitig bemühte sich sein Bruder am englischen und französischen Hof um Unterstützung für die ehrgeizigen Pläne.
Wenige Jahre später, 1491, wurde Kolumbus Ansinnen vom spanischen Hof erneut abgewiesen, sodass er entschied das Land zu verlassen und sein Glück in Frankreich zu versuchen. Auf dem Weg dorthin traf er auf den Beichtvater der Königin, der dieser einen eindringlichen Brief schrieb, der bewirkte, dass Kolumbus zurück an den Hof gerufen wurde, um erneut Verhandlungen aufzunehmen. Diese scheiterten jedoch an den aus Sicht des Königshofes übertriebenen Forderungen. Kolumbus hatte unter anderem gefordert Vizekönig aller eroberter Gebiete zu werden. Außerdem verlangte er eine 10prozentige Beteiligung an allen aus Bodenschätzen gewonnenen Einnahmen.
Mit dem Argument, der französische Hof habe ihm bessere Konditionen angeboten, verließ Kolumbus Granada, wo der spanische Hof gerade Station machte. Nach nur kurzer Zeit wurde er von einem Boten zurück an den Hof geholt, da Isabella ihre Ansicht geändert hatte und nun die von Kolumbus gestellten Bedingungen akzeptierte.
Am 17. April 1492 wurde schließlich ein Vertrag zwischen Christoph Kolumbus und den spanischen Monarchen geschlossen, die so genannte „Kapitulation von Santa Fe“. In diesem Vertrag setzte Kolumbus all seine Forderungen gegenüber den spanischen Herrschern in Bezug auf die Indienfahrt durch.
Nachdem alle Vorbereitungen getroffen waren, stach Kolumbus am 3. August 1492 von Palos de la Frontera in Andalusien aus in See. Seine Flotte bestand aus den der Karacke Santa Maria sowie den beiden Karavellen Nina und Pinta. Am 12. Oktober 1492 erreichte die Flotte die Neue Welt, wo Kolumbus auf einer zu den Bahamas gehörigen Insel an Land ging.
Diese Inseln in der Karibik wurden fälschlicherweise als dem asiatischen Kontinent vorgelagert angesehen, weshalb sie später auch den Namen westindische Inseln erhielten. Diese Bezeichnung hat sich übrigens bis heute erhalten.

New York Independant & Investigator: Explosion der USS Maine im Hafen von Havanna (15. Februar 1898)

Freitag, den 15. Februar 2008

The New York Independent, 16.02.1898, Frühausgabe:
USS Maine im Hafen von Havanna explodiert – 260 Tote Seemänner – Ursache unklar!

The New York Investigator, 16.02.1898, Abendausgabe:
Bombe zerstört USS Maine und reist amerikanische Seeleute in den Tod

The New York Independent, 17.02.1898, Frühausgabe:
Spanische Mine oder Torpedo tötet 266 amerikanische Helden – Gibt es jetzt Krieg?

The New York Investigator, 25.02.1898, Frühausgabe:
Spanien dementiert feigen Anschlag – Wie ist unsere Antwort? – Rache für die Maine?

Die USS Maine im Hafen von Havanna

The New York Independent, 27.02.1898, Abendausgabe:
Das Maß ist voll! – Spanier schlachten Freiheitskämpfer in Kuba ab – Bürger fordern Rache!

The New York Independent, 18.03.1898, Frühausgabe:
Regierung bestätigt: Es waren die Spanier! – Folgt die Kriegserklärung?

The New York Investigator, 24.03.1898, Frühausgabe:
Die Welt fordert den Krieg gegen Spanien! - Denkt an die Maine – Zur Hölle mit Spanien!

The New York Independent, 02.04.1898, Frühausgabe:
Regierung bestätigt: Es waren die Spanier! – Folgt die Kriegserklärung?

The New York Independent, 23.04.1898, Abendausgabe:
Endlich! Spanien hat uns den Krieg erklärt – Keine Gnade mit den Schlächtern von Kuba!

Bei der Explosion der USS Maine im Hafen von Havanna am 15. Februar 1898 kamen 266 amerikanische Seeleute ums Leben.
Durch das Ereignis wurde ein Stein ins Rollen gebracht, der letztendlich zum Spanisch-Amerikanischen Krieg führen sollte.
Bis heute ist nicht sicher geklärt, was die Explosion an Bord der USS Maine verursachte, auch verschiedene Untersuchungen neueren Datums weisen in unterschiedliche Richtungen.
Für die amerikanische Öffentlichkeit schien es aber recht schnell eindeutig zu sein, dass die USS Maine einem Angriff der Spanier zum Opfer fiel. Titelseite der New York WorldDer Hintergrund dazu ist der spanisch- amerikanische Konflikt um die spanischen Kolonien in Kuba, Puerto Rico, Guam und den Philippinen.
Die Explosion der Maine wurde vor allem in den Tageszeitungen von Joseph Pulitzer (The New York World) und William Randolph Hearst (New York Journal) propagandistisch hochgespielt. Dabei zielten die beiden in erster Linie auf eine Steigerung der Auflage (was vor allem Hearst mit einer Steigerung von 70.000 auf über 1 Million gelang) und nutzen dafür auch skrupellos Halbwahrheiten und erfundene Ereignisse aus.
So berichteten beide Zeitungen von Gräueltaten der Spanier an der kubanischen Bevölkerung, die in diese Form nicht stattgefunden haben. Nach und nach schaukelte sich so die anti-spanische Stimmung hoch und am Ende bekamen die beiden Zeitungsverleger ihren Willen. Wie sehr Pulitzer und Hearst auf einen Krieg abzielten, lässt sich durch die Aussage Hearsts „You furnish the pictures. I’ll furnish the war“ belegen. Diese Aussage war an seinen Korrespondenten in Kuba gerichtet. Dieser solle die Bilder machen, Hearst werde schon für den Krieg sorgen.
Die amerikanische Regierung schließlich stellte am 19. April 1898 ein Ultimatum an Spanien, Kuba zu räumen und an die USA abzutreten. Die Reaktion auf dieses Ultimatum war die spanische Kriegserklärung.
Der US-Regierung kam der Krieg aber auch nicht ungelegen, da man sich schon seit längerem mit der Absicht trug, die spanischen Kolonien in der Karibik und dem Pazifischen Ozean zu übernehmen und außerdem den seit 30 Jahren andauernden Unabhängigkeitskampf Kubas von Spanien unterstützte. Titelseite des New York Journal
Der Krieg, der sich nach einem Zusammenstoß zweier Flotten vor den Philippinen fast auch noch zu einem Krieg zwischen dem Deutschen Reich und den USA ausgedehnt hätte, dauerte bis zum August 1898 und endete mit der Zerstörung der zwei wichtigsten spanischen Überseeflotten.
So musste Spanien im Frieden von Paris Puerto Rico, Guam und die Philippinen an die USA abtreten und verlor somit bis auf einige wenige Besitzungen in Afrika fast allen kolonialen Besitz. Der spanische Abstieg von der Weltmacht zur regionalen Mittelmacht, der bereits im 17. Jahrhundert begonnen hatte fand im Spanisch-Amerikanischen Krieg seinen Abschluss.
Für die USA kennzeichnete der Krieg den Beginn einer offensiven Weltpolitik.
Kuba wurde formal unabhängig, war aber de facto an die USA gebunden.
Die Propagandaschlacht der Tageszeitungen Hearts und Pulitzers begründete den noch heute für die unseriöse Boulevardpresse gebräuchlichen Namen der „Yellow press“, abgeleitet aus dem gelblichen Zeitungspapier auf dem die Blätter gedruckt waren und dem in beiden Tageszeitungen veröffentlichten Comic-Strip „Yellow Kid“.