Archiv der Kategorie ‘Dynastische Fragen‘


Flavius Secundus Arcadius – Palastwache: Tod Valentinians II. (15. Mai 392)

Freitag, den 15. Mai 2009

Etwas ist seltsam in diesem Raum, er wirkt so anders, so still, so vollkommen still. - Da, da hängt etwas, nein, nicht etwas, sondern jemand! Die Kleider, es muss der Kaiser sein. Valentinian, es muss Valentinian sein, der dort hängt. Vielleicht ist er noch zu retten, vielleicht ist noch ein Hauch Leben in ihm. Schnell, schnell, Beeilung, dann kann ihm noch geholfen werden, schließlich ist er der Kaiser.
Doch nein, er ist schon ganz kalt und starr. Jede Hilfe kommt zu spät. Er ist tot. Der Kaiser ist tot!
Die gesamte Palastwache muss informiert werden, sofort!


Es darf keine Zeit verloren werden, denn es muss herausgefunden werden, ob der Kaiser seinem Leben selbst ein Ende setzte oder ob Valentinian durch fremde Hände starb.
Niemand darf den Palast verlassen, niemand darf die Stadt verlassen! Dieser Befehl muss auf dem schnellsten Wege zu allen Wachen an den Toren gelangen. Sie müssen alle zwielichtigen Personen genau befragen und verhören. Sollte hier ein Mord vorliegen, dann muss er aufgeklärt werden. Es geht schließlich um den Kaiser.
Auch Arbogast muss sofort über den Vorfall hier in Vienne informiert werden, einer der mächtigsten Männer im Reich, wenn nicht sogar der mächtigste. Aber auch Ostrom sollte unterrichtet werden. Sofort muss sich ein Bote auf den Weg zu Theodosius machen.
Die Auswirkungen auf das Reich sind nicht abzusehen. Die Nachfolge muss zügig geregelt werden, damit das Reich in diesen schweren Zeiten nicht kopflos dasteht. Die Probleme scheinen kein Ende zu nehmen und jetzt ist der Kaiser tot, womöglich ermordet.

Der Kaiser des Altrömischen Reichs Valentinian II. wurde am 15. Mai 392 im Palast in Vienne tot aufgefunden.
Die genauen Umstände seines Ablebens sind dabei nicht geklärt, sowohl von erhängen als auch von einer Erdrosselung im Bad ist die Rede. Ob es sich um einen Mord oder einen Suizid handelte ist ebenfalls unklar.
Valentinian, mit vollem Namen Flavius Valentinianus, kam im Jahr 371 in Trier, dem damaligen Augusta Treverorum, zur Welt und war von 375 an römischer Kaiser. Diese Position teilte er sich mit seinem Halbbruder Gratian und seinem Onkel Valens. Das römische Reich wurde unter dem Kaiserkollegium aufgeteilt, sodass Valentinian für Italien sowie die beiden Provinzen Illyrien und Afrika zuständig war, während Gratian die transalpinen Provinzen verwaltete und sein Onkel Valens für den Osten des Reiches zuständig war. Nach dem Tod Valens folgte ihm 379 Theodosius I. als Herrscher über Ostrom. Für Gratian, der 383 verstarb, wurde kein neuer Nachfolger gesucht, seine Position übernahm sein Halbbruder Valentinian.
Die Geschicke über das Herrschaftsgebiet Valentinians übernahmen zunächst seine Mutter Justina sowie Gratian, was in erster Linie am jugendlichen Alter des Kaiser lag. Ein weiterer bedeutender Berater des jungen Kaisers war Bauto, ein fränkischer Heermeister.
Auch in späteren Jahren, als Valentinian in Trier und Vienne residierte, regierte er nur bedingt selbständig, was vor allem an der mächtigen Stellung des Heermeisters Arbogast (vermutlich Sohn des Bauto) lag, der der eigentliche Herrscher über das Weströmische Reich war. Diese Machtkonstellation wird an einer Szene besonders deutlich: Der Kaiser überreichte dem Heermeister seine Entlassung, doch dieser zerriss die Papiere einfach und weigerte sich, seinen Posten zu räumen. Da Theodosius ihn eingesetzt habe, könne er auch nur von diesem entlassen werden. So berichtet es zumindest der spätantike Historiker Zosimos.
Arbogast ist es auch, dem eine Mitwirkung am Tod Valentinians II. nachgesagt wird. Ob er einen Mord in Auftrag gegeben hat oder direkt am Tod des Kaisers beteiligt war ist allerdings unklar. Es könnte auch sein, dass Valentinian so sehr unter der Bevormundung des Heermeisters gelitten hat, dass er seinem Leben selbst ein Ende setzte. Letztere Variante erscheint auf Grund von Quellen, die darüber berichten, dass der Kaiser unter dem Verhältnis zu Arbogast gelitten habe, als durchaus wahrscheinlich.
Nach dem Tod des Kaisers ersuchte Arbogast Theodosius um die Ernennung eines Nachfolgers, doch dieser ließ sich sehr viel Zeit. Nach drei Monaten schließlich schritt der Heermeister zur Tat und ernannte mit Flavius Eugenius selbst einen Nachfolger.
Arbogast selbst kam auf Grund seiner Abstammung und Religion nicht als Kaiser in Frage. Die Tatsache, dass er Germane und Heide war, machte ihn für das römische Reich nicht tragbar, ansonsten wäre er durchaus denkbar gewesen, dass er sich selbst auf den vakanten Thron gesetzt hätte.

Karl der Große: Divisio regnorum (6.Februar 806)

Freitag, den 6. Februar 2009

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Karolus serenissimus augustus, a deo coronatus, magnus pacificus imperator, Romanum gubernans imperium, qui et per misericordiam dei rex Francorum et Langobardorum, an alle Getreuen der heiligen Kirche Gottes und an unsere eigenen Getreuen, an die Gegenwärtigen wie auch an die Zukünftigen. Es ist allen bekannt und, wie wir glauben, niemandem von euch verborgen, dass die göttliche Gnade, durch deren Willen die zum Untergang hintreibenden Jahrhunderte erneuert werden, uns ein großes Gnaden- und Segensgeschenk gegeben hat, indem sie uns drei Söhne schenkte. Sie festigt durch sie einmal nach unserem Willen unsere Hoffnung gegenüber dem Reich, dann aber hebt sie auch die Sorge auf, dass wir von einer eitlen Nachwelt vergessen werden könnten, und so soll es euch nach unserem Willen bekannt sein, dass wir diese drei von Gottes Gnaden unsere Söhne zu unseren Lebzeiten als Mitbesitzer des uns von Gott gegebenen Reiches ansehen wollen und dass wir darum beten, sie nach unserem Hinscheiden aus dieser Sterblichkeit als Erben unseres von Gott bewahrten und auch in Zukunft geschützten Imperiums und Regnums zurücklassen zu können, wenn die göttliche Majestät es will. Wir wollen ihnen aber den Staat nicht in Verwirrung und Unordnung hinterlassen, nicht eine Auseinandersetzung in Zank und Streit um das ganze Reich, sondern wir haben veranlasst, dass, indem wir den Körper des ganzen Reiches in drei Teile zerlegen, genau gekennzeichnet und schriftlich fixiert werde, welchen Teil ein jeder von ihnen regieren und schützen soll. So nämlich soll jeder nach unserer Weisung mit seinem Anteil zufrieden sein und die Grenzen seines Reiches, die ans Ausland stoßen, mit Gottes Hilfe zu verteidigen suchen und Frieden und Liebe seinem Bruder gegenüber beobachten. […]

Übersetzung der „Divisio regnorum“ bei W. Lautemann, Geschichte in Quellen: Mittelalter (3. Aufl. 1989).

Karl der Große, König des Fränkischen Reiches und seit 800 römischer Kaiser, erließ am 6. Februar des Jahres 806 die so genannte „Divisio regnorum“, ein Gesetzt, das die Reichsteilung im Falle seines Todes regeln sollte. Die „Divisio regnorum“ regelte die Aufteilung des Reiches unter den drei Söhnen Karl des Großen - Pippin von Italien, Karl dem Jüngeren und Ludwig dem Frommen.
Entstanden war das Dokument bei einer Reichsversammlung in Diedenhofen, dem heutigen Thionville im französischen Lothringen, die zu Beginn des Jahres einberufen worden war. Anwesend waren neben dem Kaiser und seinen drei Söhnen die Großen des fränkischen Reiches. Alle Anwesenden beeideten die Verordnung, die schließlich auch Papst Einhard überbracht und von diesem unterschrieben wurde.
Ziel dieses Gesetzes war es, Auseinandersetzungen unter den Erben Karls zu vermeiden. Ludwig sollte demnach Burgund und Südgallien erhalten, während Pippin Italien, Bayern sowie Alemannien und Karl das fränkische Kernland zwischen Elbe und Loire zugesprochen wurde. Die Frage des Kaisertums blieb in der „Divisio“ ausgeklammert, von einer Unterordnung der beiden jüngeren Brüder unter den ältesten Sohn Karls ist an keiner Stelle des Dokuments die Rede.
Da Pippin und Karl der Jüngere bereits vor ihrem Vater verstarben, trat die „Diviso regnorum“ allerdings niemals in Kraft.
Der Grund für die Abfassung dieses Reichsteilungsgesetzes ist nicht geklärt. Punkte, die in diesem Zusammenhang immer wieder angeführt werden, sind das fortgeschrittene Alter Karls des Großen sowie seine Erkrankung an der Gicht. Ob es sich dabei um die wahren Beweggründe des Kaisers handelte bleibt allerdings fraglich.

Achim Büderich, Stadtschreiber von Xanten: Vertrag von Xanten (12. November 1614)

Mittwoch, den 12. November 2008

Xanten, am 12. November 1614
Am heutigen Tage wurde unser beschauliches Städtchen zu einem bedeutenden Ort, da hier ein bedeutender Vertrag unterzeichnet wurde, der dem Streit um das Erbe Herzog Johann Wilhelms ein Ende bereiten soll.
Wenn auch alle Annäherungen zwischen beiden Seiten in der Vergangenheit scheiterten, besteht nun große Hoffnung, eine Lösung gefunden zu haben, die zu einer endgültigen Beilegung aller Streitigkeiten führt.
Die Zeit wird es zeigen, aber dennoch können wir hier in Xanten und alle anderen Betroffenen voller Hoffnung sein, dass diesem lange schwelenden Konflikt, der sich nicht nur einmal zu einem grenzübergreifenden Krieg auszuweiten schien, nun ein endgültiges Ende bereitet worden ist.

Der Vertrag von Xanten wurde am 12. November 1614 geschlossen und bereitete dem Jülich-Klevischen Erbfolgestreit ein Ende und bewahrte Europa vor einem Krieg.
Ausgebrochen war dieser Erbfolgestreit nach dem Tod Johann Wilhelms, dem letzten Herzog von Jülich-Kleve-Berg, am 25. März 1609. Grundlage für den Streit waren zwei Privilegien. Auf der einen Seite hatte Friedrich III. dem Haus Sachsen die Nachfolge versprochen, sollten die männlichen Erben im klevischen Haus ausbleiben. Karl V. hatte allerdings 1546 festgelegt, dass auch weibliche Nachfolger der Herzöge erbberechtigt seien.
Herzog Wilhelm V. der Reiche von Jülich-Kleve-Berg ließ bei seinem Tod drei Töchter und einen geistig erkrankter Sohn Johann Wilhelm zurück, wodurch das Ende der männlichen Erblinie abzusehen war.
Die drei Töchter, waren noch zu Lebzeiten des Herzogs in die Häuser von Brandenburg, Pfalz-Neuburg und Pfalz-Zweibrücken verheiratet worden. Eine Erbregelung war getroffen, die im Fall des Ablebens ihres Bruders eintreten sollte, doch nach dem Tod des Herzog Johann Wilhelms herrschte Uneinigkeit über eben diese Regelung. Da die nach Brandenburg verheiratete älteste Tochter keine männlichen Nachkommen zur Welt gebracht hatte, erhob das Haus Pfalz-Neuburg Ansprüche auf das Erbe. Beide Seiten stritten sich bereits seit einigen Jahren um die Vormundschaft über den geistig verwirrten Johann Wilhelm.
1591 hatte die Gemahlin Johann Wilhelms einen Landtag in Düsseldorf einberufen, auf dem die territoriale Aufteilung des Erbes geklärt werden sollte. Doch während der Verhandlungen bildeten sich zwei Lager, ein katholisches und ein protestantisches, die beide die Vorherrschaft über das Gebiet forderten.
Als Herzog Johann Wilhelm im März 1609 verstarb, begannen sowohl Brandenburg als auch Pfalz-Neuburg damit Orte im Fürstentum zu besetzen, da beide einen berechtigten Erbanspruch für sich geltend machten.
Die Anordnung Rudolf II, eine gemeinsame Regentschaft unter seiner Aufsicht in Angriff zu nehmen, wurde von beiden Partein missachtet. Vielmehr schlossen sie sich zusammen und vereinbarten Jülich-Leve als gemeinsamen Besitz zu betrachten, bis eine endgültige Lösung gefunden werde. Neben den Gegnern von außen, übten die beiden potentiellen Erben auch gegenseitig aufeinander Druck aus. So kam es zu einer Annäherung des Neuenburgers an der Kaiser und die Lutheraner. Auf internationaler Ebene sorgte dieser Erbstreit ebenfalls für Aufmerksamkeit, so zog der französische König Henry IV. Truppen an der französisch-niederländischen Grenze zusammen, da er ein Eingreifen der Spanier in diesen Konflikt fürchtete.
Trotz dieser schlechten Vorzeichen konnte eine militärische Auseinandersetzung abgewendet werden. Die darauffolgende Zeit war von wechselnden Allianzen und Annäherungsversuchen zwischen den beteiligten Parteien bestimmt. 1613 folgte die unwiderrufliche Spaltung zwischen Brandenburg und Neuburg, da Johann Sigismund endgültig zum Calvinismus übertrat und Wolfgang Wilhelm katholisch wurde. Wolfgang Wilhelm rief Spanien um Hilfe und erhielt diese auch, auf der Seite Johann Sigismund standen u.a. die calvinistischen Niederländer.
Ende August 1614 standen sich schließlich die Heere von Graf Spinola (Spanien) und Prinz Moritz (Niederlande) gegenüber. Letztendlich schreckten beide Seiten eine Wiederaufnahme des spanisch-niederländischen Krieges zurück und Friedensverhandlungen wurden eingeleitet, die am 12. November 1614 im Vertrag von Xanten endeten.
Das Erbe aufgeteilt: Das Kurfürstentum Brandenburg erhielt das Herzogtum Kleve, die Grafschaft Mark und die Grafschaft Ravensberg, während dem Herzogtum Pfalz-Neuburg das Herzogtum Jülich und das Herzogtum Berg zugesprochen wurden.
Der Konflikt im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges, löste beinahe einen Krieg in Europa aus und zeigt damit wie groß die Anspannung in Europa zu dieser Zeit gewesen ist. Territoriale und konfessionelle Aspekte dieser Auseinandersetzung interessierten schließlich nicht nur die direkt beteiligten Parteien, sondern die europäischen Mächte generell..

Page 1 of 8