Monatsarchiv für Januar 2008

Tagebuch eines Frontsoldaten: Kapitulation der 6. Armee unter Generalfeldmarschall Friedrich Paulus in Stalingrad (31. Januar 1943)

Donnerstag, den 31. Januar 2008

23. August 1942
Der Himmel war schwarz vor deutschen Bombern. Solch einen gewaltigen Luftangriff werden die Russen sicher nie vergessen. Stalingrad liegt in Schutt und Asche. Nicht mehr lang und wir werden die Stadt hinter uns lassen, um weiter in den Osten vorzudringen.
22. September 1942
Nun halten sich die Kommunisten schon fast einen Monat und es hat nicht den Anschein, als ob wir sie heute noch aus der Stadt vertreiben würden. Doch immerhin scheint es gelungen zu sein am heutigen Teil den Süden der Stadt endgültig zu besetzen.
1. November 1942
Langsam aber sicher schwinden unsere Kräfte. Zahlreiche Kameraden sind bei Straßengefechten gefallen – unsere Reihen lichten sich deutlich. Hoffentlich erhalten wir bald Verstärkung.
Soldaten bei der Schlacht von Stalingrad
23. November 1942
Wir sind eingekesselt. Die Rote Armee hat den Ring um die Stadt geschlossen. Hoffentlich tüfteln die Oberen einen schlagkräftigen Plan aus, um uns aus dieser misslichen Lage zu befreien, denn lang werden wir es in diesem Trümmerhaufen nicht aushalten.
5. Januar 1943
Hunger, so unerträglich. Meine Gedanken kreisen fast ununterbrochen um etwas zu essen. Was würde ich nicht alles für ein Stück Brot geben. Viele meiner Kameraden sind in den letzten Tagen von uns gegangen. Dabei wurden sie nicht Opfer russischer Angriffe, sondern sind elendig verhungert. Holt uns doch endlich hier raus! Wo bleibt die Verstärkung, die Befreiungsarmee, sie muss doch schon vor den Toren der Stadt stehen und den russischen Kessel endlich durchbrechen.
31. Januar 1942
Gestern habe ich gehört, dass Generalfeldmarschall Paulus die Lage als aussichtslos bezeichnet haben soll und heute hat er tatsächlich kapituliert. Was wird jetzt aus mir? Werde ich noch jemals dazu kommen, hier ein paar Zeilen zu notieren?

Die Schlacht von Stalingrad (heute Wolgograd) gilt als Wendepunkt des Zweiten Weltkriegs. Begonnen hatte die Schlacht mit dem Angriff der 6. Armee auf Stalingrad, sie endete mit der Niederlage der eingekesselten deutschen Truppen, womit gleichzeitig das Vordringen der deutschen Armee nach Russland gestoppt worden war.
In dieser Schlacht, die zu den größten des Zweiten Weltkriegs zählt, wurden rund 700.000 Menschen getötet, zu den Opfern zählten sowohl Soldaten als auch Zivilisten. Deutsche Soldaten in Stalingrad auf dem Weg in die Kriegsgefangenschaft
Ziel der Deutschen war es mit der Einnahme der Stadt Stalingrad einen wichtigen Nachschubweg zu unterbrechen. Vor allem der Wasserweg über die Wolga, an der die Stadt gelegen ist, war von strategischer Bedeutung, da über die Wolga vor allem Rüstungsgüter aus den USA transportiert wurden. Außerdem sollte durch die Einnahme der Stadt an der Wolga das weitere Vordringen der Wehrmacht in den Kaukasus abgesichert werden, um an die dortigen Ölfelder zu gelangen.
Der Angriff auf Stalingrad erfolgte unter dem Befehl des Generaloberst Friedrich Paulus (kurz vor der Kapitulation wurde er zum Generalfeldmarschall ernannt). Er hatte den Befehl über die 6. Armee sowie über Teile der 4. Panzerarmee. Am 23. August 1942 erfolgte ein Luftangriff der Deutschen zu hohen Verlusten auf Seiten der Russen, unter den Opfern waren zahlreiche Zivilisten, da Stalingrad auf Befehl Stalins nicht evakuiert worden war. In der Stadt fanden in der Folge zähe Kämpfe statt, nicht nur um einzelne Straßenzüge oder Häuserblocks, sondern um einzelne Häuser, teilweise sogar um einzelne Wohnungen. Dennoch konnten die deutschen Truppen im November die stark zerstörte Stadt an der Wolga zum größten Teil unter ihre Kontrolle bringen. An diesen deutschen Erfolg schloss sich die russische Gegenoffensive an, die zu einer Rückeroberung Stalingrads durch die Russen führte. Bei der so genannten Operation Uranus, gelang es den Russen, einen Ring um die Stadt zu legen und die Deutschen auf diese Weise einzukesseln. Seit dem 22. November 1942 war Stalingrad vollständig von russischen Truppen eingekesselt und die deutschen Truppen damit von Nachschub bzw. Verstärkung abgeschnitten. Die Heeresgruppe Don versucht im Dezember in der Operation Wintergewitter nach Stalingrad vorzudringen, scheitert aber, sodass Hitler schließlich alle Versuche, den Kessel zu durchbrechen, untersagt. Als Paulus am 08.Januar 1943 auf Befehl Hitlers ein Ultimatum zur Kapitulation verstreichen lässt, beginnen die Russen mit der Einnahme der Stadt. Am 30. Januar erkennt Paulus die Ausweglosigkeit der Lage und teilt Hitler mit, dass der Zusammenbruch innerhalb von 24 Stunden zu erwarten sei. Am 31. Januar 1943 muss der Südteil der eingeschlossenen Truppen unter Generalfeldmarschall Friedrich Paulus kapitulieren. Am 2. Februar stellten auch die restlichen noch verbliebenen Truppenteile im Norden der Stadt die Kampfhandlungen ein.
Durch die großen Verluste, die beide Seiten in dieser Schlacht zu beklagen hatten, ist die Schlacht von Stalingrad zum Sinnbild des Schreckens des Krieges geworden.

Robert Benson, Matrose: Stapellauf der USS Monitor (30. Januar 1862)

Mittwoch, den 30. Januar 2008

Schiff nennen die das Ding. Sieht für mich eher aus wie eine Lok oder so was. Nee, für mich ist das nix. Und auch die anderen Leute am Hafen gucken schon ein bisschen komisch. Ich bleib’ da doch lieber auf einem echten Schiff und nicht so einem ‚Panzerschiff’, wie der Ericsson das Ding nennt. Komischer Kauz dieser Schwede.
Besatzung an Bord des Panzerschiffs USS Monitor Aber wenn die mit dem Ding da den Südstaatlern ordentlich Zunder machen soll es mir nur Recht sein. Hah, immer drauf auf diese Sklavenhalter. Kann nicht schaden. Soll ja angeblich ordentlich was aushalten, diese Lok auf See. Bin ich ja mal gespannt, ob das Ding überhaupt schwimmt. Naja, muss auch ganz schön stickig sein da drin. Die Kollegen, die da drin sind tun mir leid. Bei dem ganzen Dampf. Aber zu treffen wird das Schiff, ‚Monitor’ nennen sie es, nur schwer sein. Naja, mir reichts. Genug gesehen. Erst mal wieder zurück in die Bar. Hab’ ja nur noch ´en paar Tage Landurlaub.
Mit der ‚USS Monitor’, einer Konstruktion des schwedischen Ingenieurs John Ericsson, lief am 30. Januar 1862 das erste Panzerschiff der US-amerikanischen Marine vom Stapel.
Nach einer Bauzeit von nur 120 Tagen sollte das Schiff helfen, die Seeblockade gegen die Südstaaten im Sezessionskrieg aufrecht zu erhalten.
Konstruktionszeichnung der USS Monitor
Auch die Konföderierten Staaten von Amerika, die Südstaaten, verfügten mit der CSS Virginia über ein Panzerschiff. Mit dieser focht die USS Monitor am 9. März 1862 in der Schlacht von Hampton Roads das erste Seegefecht der Geschichte zwischen zwei Panzerschiffen aus. Da die Bordbewaffnungen der beiden Schiffe zu schwach waren, die Panzerung des jeweils anderen ernsthaft zu beschädigen endete die Seeschlacht unentschieden.
So gut sie gegen feindliches Feuer geschützt war, so schlecht konnte die ‚USS Monitor’ mit schwerer See umgehen. So sank sie am 31. Dezember 1862, weniger als ein Jahr nach ihrem Stapellauf, in einem Unwetter vor Cap Hatteras an der Küste North Carolinas.

Ein Beobachter: Beginn der Friedensverhandlungen von Utrecht im Spanischen Erbfolgekrieg (29. Januar 1712)

Dienstag, den 29. Januar 2008

An Seine Hoheit Karl VI. von Gottes Gnaden ewig erhabener Römischer Kaiser, Deutscher König, König von Spanien, Ungarn, Böhmen, beiden Sizilien, Jerusalem und über Westindien, Erzherzog Österreichs, Herzog von Burgund, Brabant, Mailand, Fürst zu Schwaben, Katalonien, Markgraf des Heiligen Römischen Reiches, Graf zu Habsburg, Flandern, Tirol.

Kaiser Karl VI aus dem Hause HabsburgErlaube ich mir untertänigst zu berichten, dass mit heutigem Tag der Friedenskongress zu Utrecht begonnen hat. Die Gesandten der beteiligten Mächte scheinen wirklich gewillt zu sein, einen Frieden zu schließen, ohne Beteiligung Seiner kaiserlichen Hoheit.
Verfolgen diesen Prozess mit Skepsis, hoffen aber die Vorstellungen Ihrer gnädigen Hoheit werden berücksichtigt. Bis zu einem Abschluss, der Ihren Ansprüchen genüge tut, empfehle ich untertänigst, den Krieg gegen seine Majestät, Ludwig von Frankreich fortzusetzen, um unsere Armeen in eine Situation zu bringen, die uns das Stellen weitreichender Forderungen erlaubt. Durch die bisherigen Nachrichten der Gesandten der anderen Mächte bleibt uns aber wenig Hoffnung, dass die Mächte sich für eine Zuweisung aller spanischen Lande an Seine kaiserliche Hoheit, aussprechen werden. Sollten uns darauf vorbereiten, dies in der Folge selbst erlangen zu müssen auch gegen den Widerstand der vormals verbündeten Mächte.
Vor allem die Gesandten des vormals mit uns verbündeten Großbritannien scheinen wenig geneigt zu sein, einem ungeteilten Übergang aller spanischen Lande an seine kaiserliche Hoheit zuzustimmen.

Am 29. Januar 1712 begannen die Friedensverhandlungen von Utrecht, mit deren Abschluss ein Krieg enden sollte, der ohne zu übertreiben als „Weltkrieg im Barock“ bezeichnet werden kann. Was mit einem Streit um die Erbfolge des letzten spanischen Habsburgers Karl II. begann wuchs sich zu einem multinationalen Konflikt aus, an dem fast alle zu dieser Zeit bedeutenden Mächte beteiligt waren. Wenn man diesen Konflikt in Verbindung mit dem teilweise zeitgleich und überlappenden Großen Nordischen Krieg in Bezug setzt, so war mit Ausnahme des osmanisch besetzten Teils nahezu ganz Europa in diesen Krieg einbezogen.
Die Kriegsschauplätze erstreckten sich darüber hinaus über die ganze Welt, in Europa lagen sie in Spanien, dem Mittelmeer, Frankreich, den spanischen Niederlanden, in fast ganz Italien, im Reich entlang der Donau und des Rheins. Dazu kamen die von Frankreich unterstützten Aufstände in Ungarn und Schottland. Darüber hinaus kam es auch in den Kolonien der beteiligten Mächte zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Auch in seinen Ergebnissen ist der Spanische Erbfolgekrieg kaum zu überschätzen.
Trotz all der an der siegreichen Allianz gegen Frankreich beteiligten Mächte, gab es am Ende nur einen wirklich großen Sieger: Das immer wieder geschickt agierende England (bzw. seit dem Act of Union 1707 eigentlich als Großbritannien zu bezeichnen) ging als deutlicher Sieger aus dem Spanischen Erbfolgekrieg hervor. So gewann es durch den Frieden von Utrecht im Mittelmeer Menorca und das bis heute in seiner strategischen Bedeutung unangefochten wichtige Gibraltar. In Amerika gewann England v.a. Nova Scotia und Neufundland hinzu, die Einfalltore nach Kanada, von denen aus England nach und nach die Kontrolle über den ganzen Bereich Kanadas übernehmen sollte. Im sogenannten ‚Asiento’, bekam England darüber hinaus das Monopol über den gesamten Sklavenhandel mit den spanischen Kolonien.
Oftmals spricht man im Bezug auf die Folgezeit des Spanischen Erbfolgekriegs von dem Entstehen einer Pentarchie der Großmächte in Europa und vom System der Balance of Power. Das aber ist zu kurz gegriffen. England war es gelungen seine Konkurrenten in Übersee durch diesen Krieg weit zu überholen. Spaniens Abstieg setzte sich fort, Frankreich war zur See deutlich geschlagen, selbst die Vereinigten Niederlande rutschten in der Folge weiter ab, obwohl auch sie eine der militärischen Siegermächte des Konfliktes waren. So gab es am Ende zwar eine Balance of Power auf dem europäischen Kontinent, aber eben nur dort, allerdings nicht mit England als einer einbezogener Macht, sondern eher als Kontrolleur dieses Gleichgewichtes, dass immer wieder eingriff, wenn eine Macht drohte das Gleichgewicht zu ihren Gunsten zu bewegen und somit in die Lage gekommen wäre, die britische Hegemonialstellung in der Welt anzugreifen.
Und damit ist die englische Politik im Spanischen Erbfolgekrieg und vor allem beim Ausmaß des Einflusses Englands auf die Bestimmungen auf den Frieden von Utrecht eben nicht nur Ausdruck der sehr eigenen englischen Interpretation des Begriffs ‚Gleichgewicht’, sondern vielmehr auch als Bild und Vorbild eines anderen Teils der zukünftigen englischen Politik und des englischen Selbstverständnisses, wenn auch in dieser Begrifflichkeit erst später verwendet, zu sehen: ‚Rule Britannia’.
Der Friendensvertrag von Utrecht
Was war aber nun mit Österreich und seinem habsburgischen Kaiser? Zwar versuchten die österreichischen Truppen unter ihrem Heerführer Prinz Eugen zwar noch, Frankreich im Alleingang weiter zu bekämpfen, was aber durch das Wegfallen des wichtigsten Verbündeten, England, am Ende nicht von Erfolg gekrönt war. So mussten die Habsburger und das Reich am Ende in den Friedenschlüssen von Rastatt und Baden den Bestimmungen des Friedensvertrages von Utrecht zustimmen. Die spanische Erbfolge mit allen Kolonien fiel dadurch an Philipp V. aus dem Hause der Bourbonen, wobei aber eine spätere Vereinigung der Kronen und Frankreichs unter einem Herrscher ausgeschlossen wurde (was letztlich zum etwas später folgenden „Krieg der Quadruppel-Allianz” führte). Österreich bekam im Gegenzug die spanischen Niederlande und die ehemaligen Besitzungen der spanischen Habsburger in Italien zugesprochen.
Wenn man den Spanischen Erbfolgekrieg in seiner Gesamtheit und seiner Bedeutung sieht, so ist es umso verwunderlicher, wie stiefmütterlich er bis heute behandelt wird. So gibt es bis heute keinerlei umfassende deutschsprachige Monographie über diesen neuzeitlichen „Weltkrieg“.

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