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Rose Permaneder, Bewohnerin: Eröffnung des Karl-Marx-Hofes in Wien (12. Oktober 1930)

Montag, den 12. Oktober 2009

Hör man sich diesen Krach an, kein Respekt diese Leute! Wir wohnen hier, ich schon seit mehr als 70 Jahren und zu Ruhe kommt man hier nie.
Erst waren es die Aufstände, ich weiß noch, wie meine Mutter meinen Bruder und mich im Hinterzimmer eingeschlossen hat und um Vater gebangt hat, der sich mit seinen Genossen im Hof verschanzt hatte.
Dann später, die kritische Beäugung, Karl-Marx-Hof, da wohnen doch nur Kommunisten. aber das hat sich dann bald wieder gelegt.
Zeitweise wurden wir auch müde belächelt, ach die Leute aus dem Gemeindebau, können sich wohl nichts Besseres leisten. Da versteht doch keiner, dass das hier meine Heimat ist! Ich wohne hier seit ich denken kann, die kleine Baracke in Nussdorf, im Garten der Großeltern ist mir kaum noch in Erinnerung, nun gut, da habe ich auch nur die ersten beiden Jahre meines Lebens verbracht, ehe meine Eltern zusammen mit meinem Bruder und mir eine der schönen, neuen Wohnungen im Karl-Marx-Hof bezogen haben.
Es kommt mir vor, als ob ich bei der feierlichen Eröffnung dabei gewesen wäre und noch alles vor Augen habe, dabei sind es nur die Geschichten der Eltern, aus denen sich diese Erinnerung zusammensetzt. Doch die Worte „Wenn wir einst nicht mehr sind, werden diese Steine für uns sprechen“ kennt wohl noch heute jeder Wiener und sie klingen in meinen Ohren, als ob ich sie erst gestern gehört hätte.
Heute wohne ich hier nicht nur, an manchen Tagen komme ich mir vor wie im Museum, dann wimmelt es hier von Touristen oder Studenten oder anderen Menschen, die sich unser Haus, wie ich es nenne, anschauen möchten. Es ist ja auch wirklich etwas besonderes, doch manchmal hätte ich doch gerne etwas mehr Ruhe, vor allem in der Mittagszeit.

Eine der bekanntsten Gemeindebauten Wiens ist sicherlich der Karl-Marx-Hof, der in den Jahren 1927 bis 1930 nach den Plänen Karl Ehns, einem Schüler Otto Wagners, errichtet wurde.

Der Karl-Marx-Hof in WienDer Karl-Marx-Hof umfasst mehr als 1.300 Wohnungen, in denen rund 5.500 Personen leben, und zahlreiche Gemeinschaftseinrichtungen, zu denen unter anderem zwei Kindergärten und eine Bibliothek gehören. Daneben gibt es mehrere Arztpraxen, Kaffeehäuser (Cafés) und Geschäfte.

Die Wohnanlage befindet sich auf der so genannten „Hagenwiese“, einem Gelände, das bis ins 12. Jahrhundert hinein noch ein schiffbarer Donauarm gewesen ist. Der Karl-Marx-Hof erstreckt sich auf einer Länge von insgesamt etwas mehr als einem Kilometer, sodass es sich um die längste zusammenhängende Wohnanlage der Welt handelt.
Sehr beeindruckend ist der nach hinten versetzte Mittelteil der Wohnanlage mit seinen sechs monumentalen Türmen, auch die massiven Hauseingänge und der Vorplatz haben eine eindrucksvolle Wirkung. Insgesamt verleihen diese Elemente dem Bau einen festungsähnlichen Charakter.

Die Einweihung des Karl-Marx-Hofes fand am 12. Oktober 1930 statt, obwohl die letzten Arbeiten an der Wohnanlage erst im Jahr 1933 vollendet wurden. Bei der Eröffnung sprach Wiens Bürgermeister Karl Seitz die berühmten Worte: „Wenn wir einst nicht mehr sind, werden diese Steine für uns sprechen.“

Bekannt geworden ist der Wiener Karl-Marx-Hof im Zuge des Februaraufstandes im Jahr 1934, als sich Arbeiter zusammen mit Angehörigen des Republikanischen Schutzbundes in der Anlage verschanzten und sich erst nachdem sie vom Bundesheer beschossen wurden, geschlagen gaben.
In den folgenden Jahren wurde die Wohnanlage zunächst in „Biedermannhof“, dann in „Heiligenstädter-Hof“ umbenannt, ehe sie nach Kriegsende 1945 wieder als Karl-Marx-Hof bezeichnet wird.

Noch heute erinnert eine Gedenktafel an die österreichischen Arbeiter, die im Februar 1934 den Faschisten entgegengetreten waren. Zu finden ist diese Gedenktafel in Stiege 32 in der Boschstraße.

(Das Bild zeigt die Wohnanlage Karl-Marx-Hof in Wien und basiert auf dem Bild Karl-Marx-Hof 2009.jpg aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. Der Urheber des Bildes ist der Wikipedia User Dreizung)

Harry Veltwisch, Sprecher des Wohnbauprojekt Unterhausen: Tod Walter Gropius’(5. Juli 1969)

Samstag, den 5. Juli 2008

„Sehr verehrte Damen und Herren, ich möchte Sie alle heute ganz herzlich in Unterhausen begrüßen! Sie alle sind auf der Suche nach einem neuen zu Hause und interessieren sich für das Wohnbauprojekt hier in Unterhausen. Lassen Sie mich zunächst einige Worte zu diesem Projekt verlieren, ehe wir gemeinsam einige Musterwohnungen und –häuser besichtigen, damit Sie sich direkt vor Ort einen Eindruck von Ihrer neuen Unterkunft machen können. Sollten Sie Fragen generell zum hiesigen Projekt haben, stellen Sie sie bitte direkt, Detailfragen zur Größe der einzelnen Wohneinheiten und anderen Einzelheiten klären Sie bitte mit Ihrem persönlichen Berater, der Ihnen im Anschluss an diesen Vortag zur Seite stehen wird.
Nun aber Näheres zu diesem Wohnbauprojekt: Hier in Unterhausen sind wir in der glücklichen Situation, Ihnen eine Meisterleistung des bekannten und weltweit geschätzten Architekten Walter Gropius vorstellen zu können. Noch zu seinen Lebzeiten plante er eine großräumige Wohnsiedlungen nach seinen Grundsätzen und Maßstäben. Wir in Unterhausen, haben es nun geschafft, diese Pläne in die Tat umzusetzen und sind daher stolz darauf, Ihnen diese großartige Wohnlandschaft präsentieren zu können.
Bei der Begehung der Anlage wird Sie diese einzigartige Architektur schnell gefangen nehmen. Beachten Sie die einzelnen Elemente, die sich an dieser Stelle zu einem Großen Ganzen vereinen!
Die Musterwohnungen, die wir gleich besichtigen werden, sind übrigens auch im Innern nach den Vorstellungen und Entwürfen des Großmeisters der Architektur gestaltet worden.
Ich möchte Sie nun bitten, meinen Kollegen und mir zu folgen, um die Besichtigung der Wohnanlage vorzunehmen.“

Walter Gropius wurde am 18. Mai 1883 in Berlin geboren und verstarb am 5. Juli 1969 in Boston, Massachusetts. Er war der Begründer des Bauhauses in Dessau und galt zusammen mit Ludwig Mies van der Rohe und Le Corbusier als Begründer der modernen Architektur.
Im Jahr 1903 nahm Gropius ein Architekturstudium an der Technische Hochschule München auf, das er an der TH Charlottenburg fortführte, aber 1907 ohne Hochschulabschluss abbrach. Im selben Jahr begann er eine Tätigkeit im Büro von Peter Behrens, wo er auch auf van der Rohe und Le Corbusier traf. 1910 machte er sich dann als Architekt und Industriedesigner selbständig und entwarf unter anderem Möbel, Tapeten und Autokarossen.
Das erste richtungweisende Gebäude, das Gropius entwarf, war das Fagus-Werk in Alfeld an der Leine - ein Fabrikbau aus Stahl und Glas, den er zusammen mit Adolf Meyer baute. Nach dem Ersten Weltkrieg gründete er das Bauhaus und wurde auf Vorschlag Henry van de Veldes dessen Nachfolger als Direktor der Großherzoglich-Sächsischen Hochschule für Bildende Kunst in Weimar.
Ab Mitte der 1920er Jahre beschäftigte sich Walter Gropius verstärkt mit dem Wohnbau, besonders in Hinsicht auf Stadtplanung und Wohnungsnotstand. Er entwarf ab diesem Zeitpunkt zahlreiche Wohnbauprojekte, unter anderem die Siemensstadt in Berlin sowie die Siedlung Dessau-Törten.
1934 emigrierte der Architekt schließlich nach wiederholten Angriffen der Nationalsozialisten auf das Bauhaus nach Großbritannien und von dort 1937 weiter nach Cambridge, Massachusetts. Dort war er als Professor in Harvard tätig und eröffnete ein eignes Architekturbüro. 1946 gründete er die Gruppe „The Architects Collaborative“ (TAC), ein Zusammenschluss junger Architekten. Das erste Werk dieser Gruppierung war das Harvard University Graduate Center.
In den 1950er Jahren war Walter Gropius auch wieder in Berlin tätig, wo er zum Beispiel den so genannten Hansabau, einen neungeschossigen Wohnblock im Hansaviertel und später die Siedlung „Gropiusstadt“ im Westen Berlins entwarf. 1963 wurde ihm unter anderem für diese Werke die Ehrendoktorwürde der Freien Universität Berlin verliehen.
Das Werk des deutschen Architekten sorgt immer wieder für Diskussionen, zum einen hat er es geschafft, das Bauen zu normieren und in vielen Fällen zu Beseitigung des Wohnungsnotstandes beigetragen, auf der anderen Seite aber schaffte er die Grundlage für die großen Plattenbauten in den Vorstädten, die wiederum andere soziale Probleme nach sich zogen.
Auch wird ihm vorgeworfen, teilweise an der Praxis vorbei geplant zu haben, seine Entwürfe seien zum Teil zu sehr industrialisiert gewesen und nur von der Reichweite der Kräne und anderer Baumaschinen geprägt, anstatt auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Bewohner Rücksicht zu nehmen.

Tom Crossfield: Fertigstellung des ersten Brückenbogens der Gusseisenbrücke bei Ironbridge über den Severn (2. Juli 1779)

Mittwoch, den 2. Juli 2008

Diese eine Niete noch, dann ist Bergfest.
So. Jetzt ist es geschafft. Der erste Bogen der Brücke steht.
Aus Gusseisen. Eine ganz neue Idee. Und eine harte Arbeit. Mit so einer Brücke haben wir den Severn überbrückt. Zumindest steht jetzt ein Bogen.
Soll ein Zeichen sein, für die wachsende Eisenindustrie. War aber auch nötig.
Endlich nicht mehr mit den wackligen Fähren über den Fluss setzen.
Jetzt hat das Servern Gorge endliche eine Brücke.
Schön sieht sie ja nicht aus. Aber modern.
Ich mag ja Stein und Holz lieber. Aber das war mal eine Herausforderung, mit anderem Material so was zu bauen.
Bin mal gespannt, wie lang das Ding steht. Sieht ja stabil aus.
Morgen geht’s wieder weiter. Dann fangen wir mit dem zweiten Bogen an.
In 1 ½ Jahren soll das Ding eingeweiht werden.
Wenn vorher nicht das Geld ausgeht. Soll ja viel teurer sein, als die Ingenieure berechnet hatten.

Darstellung der Gusseisenbrücke über den Severn bei Ironbridge (um das Jahr 1900)

Die wachsende Industrie, vor allem die Eisenindustrie rund um den heutigen Standort der Gusseisenbrücke über den Severn, in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verlangte nach einer neuen Möglichkeit, den Fluss Severn, den längsten Fluss Englands, oberhalb des Tals Severn Gorge zu überqueren.
Bisher war die Überquerung nur mit Fähren über den Fluss möglich gewesen.
Auf Initiative von Thomas Pritchard, der dem Industriellen John Wilkinson of Broseley den Bau einer Eisenbrücke vorschlug, begann man mit den Planungen zum Bau.
Thomas Pritchard erstellte in den folgenden zwei Jahren die Pläne für die Brücke und den Bau übernahm der Industrielle Abraham Darby III.
Obwohl die Kosten für den Bau die ursprünglich veranschlagte Summe von 3200 Pfund Sterling deutlich überstiegen gelang es den ersten Bogen der Brücke am 2. Juli 1779 fertig zu stellen.
Beim Bau wurde vor allem aus Erfahrungen aus dem Holzbrückenbau und dem Zimmererhandwerk zurückgegriffen, da das Wissen über den Umgang mit dem neuen Material für solch einen Zweck noch sehr begrenzt war.
Am Neujahrstag 1781 konnte die Brücke schließlich eröffnet werden – als erste Eisenbrücke der Welt.
Die Brücke steh noch heute, auch wenn sie nur noch zu Fuß begangen werden kann (was bis 1950 noch eine Brückenmaut kostete) und schon bald nach der Fertigstellung und auch später immer wieder Reparaturarbeiten notwendig wurden.

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