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Josef Asselmann, Chronist: Eröffnung des Reichstags zu Augsburg (5. Februar 1555)

Donnerstag, den 5. Februar 2009

In der schwäbischen Stadt Augsburg versammelten sich die Fürsten des Reiches mit ihrem Gefolge.


Sie alle erwarteten den König der deutschen Lande, der vor sie treten würde, um Einigkeit in seinem Reich zu erzielen.
Zu groß waren die Unruhen der vergangenen Jahre gewesen, zuviel Blut war geflossen, zu viel Streit hatte es gegeben, zu viele Unruhen waren entstanden.
Nun sollte es der König richten und dem Streit im Reich ein Ende bereiten. Die Reichsstände waren aus diesem Grund in das schöne Augsburg geladen worden, um eine Lösung zu finden, zu lange schon währten die Unruhen und drohten zu einer Gefahr zu werden, die sich nicht länger auf das Reich beschränken ließ.
In dieser Not berief der König den Reichstag zu Augsburg ein, um Frieden zu stiften und die Einheit des Reiches für alle Zeit zu besiegeln.

Kaiser Ferdinand I. (1503-1564) gemalt von Hans Bocksberger dem ÄlterenTitelblatt des Drucks des Augsburger Reichs- und Religionsfriedens

König Ferdinand I. eröffnete am 5. Februar 1555 den Reichstag zu Augsburg, auf dem die Neuordnung der kirchlichen und politischen Verhältnisse im Reich geklärt sowie das Verhältnis zwischen Kaiser Karl V. und den Reichsständen beruhigt werden sollte.
Notwendig geworden war dieser Schritt nachdem sich die Unruhen in Folge der Reformation immer weiter ausgedehnt hatten und immer wieder zu eskalieren drohten.
Bereits 1552 war der Passauer Vertrag geschlossen worden, ein Abkommen zwischen den protestantischen Reichsfürsten und dem König Ferdinand I. Der Passauer Vertrag stellte die formale Anerkennung des Protestantismus dar, zudem sich in Folge der von Martin Luther ausgehenden kirchlichen Reformen immer weitere Teile der Bevölkerung bekannten. Endgültig besiegelt wurde die Anerkennung des Protestantismus im Reich allerdings erst im Augsburger Religionsfrieden, der als Ergebnis des Reichstages zu Augsburg im Jahr 1555 angesehen werden kann.
Der Anfang Februar eröffnete Reichstag zu Augsburg zog sich bis Ende September desselben Jahres hin. Erst am 25. September 1555 wurde der Augsburger Religionsfriede unterzeichnet. Dieses Gesetz eröffnete den Reichsständen die Religionsfreiheit, jeder Reichsfürst war nun frei in der Wahl seiner Konfession. Für die Untertanen hatte diese Regelung zur Folge, dass sie ihrem Herrn in Glaubensfragen folgten oder in ein Gebiet mit anderer Konfession auswandern.
Der Reichstag zu Augsburg hat damit entscheidende Bedeutung für die weitere Entwicklung in den Bereichen Politik und Religion im Reich. Der damit besiegelte innere Frieden sollte bis 1618, dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges, währen.

(Das erste Bild zeigt Kaiser Ferdinand I., gemalt von Hans Bocksberger dem Älteren, das zweite das Titelblatt des Drucks des Augsburger Reichs- und Religionsfriedens)

Achim Büderich, Stadtschreiber von Xanten: Vertrag von Xanten (12. November 1614)

Mittwoch, den 12. November 2008

Xanten, am 12. November 1614
Am heutigen Tage wurde unser beschauliches Städtchen zu einem bedeutenden Ort, da hier ein bedeutender Vertrag unterzeichnet wurde, der dem Streit um das Erbe Herzog Johann Wilhelms ein Ende bereiten soll.
Wenn auch alle Annäherungen zwischen beiden Seiten in der Vergangenheit scheiterten, besteht nun große Hoffnung, eine Lösung gefunden zu haben, die zu einer endgültigen Beilegung aller Streitigkeiten führt.
Die Zeit wird es zeigen, aber dennoch können wir hier in Xanten und alle anderen Betroffenen voller Hoffnung sein, dass diesem lange schwelenden Konflikt, der sich nicht nur einmal zu einem grenzübergreifenden Krieg auszuweiten schien, nun ein endgültiges Ende bereitet worden ist.

Der Vertrag von Xanten wurde am 12. November 1614 geschlossen und bereitete dem Jülich-Klevischen Erbfolgestreit ein Ende und bewahrte Europa vor einem Krieg.
Ausgebrochen war dieser Erbfolgestreit nach dem Tod Johann Wilhelms, dem letzten Herzog von Jülich-Kleve-Berg, am 25. März 1609. Grundlage für den Streit waren zwei Privilegien. Auf der einen Seite hatte Friedrich III. dem Haus Sachsen die Nachfolge versprochen, sollten die männlichen Erben im klevischen Haus ausbleiben. Karl V. hatte allerdings 1546 festgelegt, dass auch weibliche Nachfolger der Herzöge erbberechtigt seien.
Herzog Wilhelm V. der Reiche von Jülich-Kleve-Berg ließ bei seinem Tod drei Töchter und einen geistig erkrankter Sohn Johann Wilhelm zurück, wodurch das Ende der männlichen Erblinie abzusehen war.
Die drei Töchter, waren noch zu Lebzeiten des Herzogs in die Häuser von Brandenburg, Pfalz-Neuburg und Pfalz-Zweibrücken verheiratet worden. Eine Erbregelung war getroffen, die im Fall des Ablebens ihres Bruders eintreten sollte, doch nach dem Tod des Herzog Johann Wilhelms herrschte Uneinigkeit über eben diese Regelung. Da die nach Brandenburg verheiratete älteste Tochter keine männlichen Nachkommen zur Welt gebracht hatte, erhob das Haus Pfalz-Neuburg Ansprüche auf das Erbe. Beide Seiten stritten sich bereits seit einigen Jahren um die Vormundschaft über den geistig verwirrten Johann Wilhelm.
1591 hatte die Gemahlin Johann Wilhelms einen Landtag in Düsseldorf einberufen, auf dem die territoriale Aufteilung des Erbes geklärt werden sollte. Doch während der Verhandlungen bildeten sich zwei Lager, ein katholisches und ein protestantisches, die beide die Vorherrschaft über das Gebiet forderten.
Als Herzog Johann Wilhelm im März 1609 verstarb, begannen sowohl Brandenburg als auch Pfalz-Neuburg damit Orte im Fürstentum zu besetzen, da beide einen berechtigten Erbanspruch für sich geltend machten.
Die Anordnung Rudolf II, eine gemeinsame Regentschaft unter seiner Aufsicht in Angriff zu nehmen, wurde von beiden Partein missachtet. Vielmehr schlossen sie sich zusammen und vereinbarten Jülich-Leve als gemeinsamen Besitz zu betrachten, bis eine endgültige Lösung gefunden werde. Neben den Gegnern von außen, übten die beiden potentiellen Erben auch gegenseitig aufeinander Druck aus. So kam es zu einer Annäherung des Neuenburgers an der Kaiser und die Lutheraner. Auf internationaler Ebene sorgte dieser Erbstreit ebenfalls für Aufmerksamkeit, so zog der französische König Henry IV. Truppen an der französisch-niederländischen Grenze zusammen, da er ein Eingreifen der Spanier in diesen Konflikt fürchtete.
Trotz dieser schlechten Vorzeichen konnte eine militärische Auseinandersetzung abgewendet werden. Die darauffolgende Zeit war von wechselnden Allianzen und Annäherungsversuchen zwischen den beteiligten Parteien bestimmt. 1613 folgte die unwiderrufliche Spaltung zwischen Brandenburg und Neuburg, da Johann Sigismund endgültig zum Calvinismus übertrat und Wolfgang Wilhelm katholisch wurde. Wolfgang Wilhelm rief Spanien um Hilfe und erhielt diese auch, auf der Seite Johann Sigismund standen u.a. die calvinistischen Niederländer.
Ende August 1614 standen sich schließlich die Heere von Graf Spinola (Spanien) und Prinz Moritz (Niederlande) gegenüber. Letztendlich schreckten beide Seiten eine Wiederaufnahme des spanisch-niederländischen Krieges zurück und Friedensverhandlungen wurden eingeleitet, die am 12. November 1614 im Vertrag von Xanten endeten.
Das Erbe aufgeteilt: Das Kurfürstentum Brandenburg erhielt das Herzogtum Kleve, die Grafschaft Mark und die Grafschaft Ravensberg, während dem Herzogtum Pfalz-Neuburg das Herzogtum Jülich und das Herzogtum Berg zugesprochen wurden.
Der Konflikt im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges, löste beinahe einen Krieg in Europa aus und zeigt damit wie groß die Anspannung in Europa zu dieser Zeit gewesen ist. Territoriale und konfessionelle Aspekte dieser Auseinandersetzung interessierten schließlich nicht nur die direkt beteiligten Parteien, sondern die europäischen Mächte generell..

Hans und Hilde Brünig, Münster: Die Hinrichtung der Anführer der Münsteraner Wiedertäufer (22. Januar 1536)

Dienstag, den 22. Januar 2008

“Oh Hilde, gerade habe ich von Jupp Martens erfahren, dass es nun Wirklichkeit geworden ist, die Ketzer haben die Macht über unsere schöne Stadt gewonnen. Wie konnten nur so viele meiner Nachbarn, Freunde und Mitbürger auf dieses Handwerkerpack hereinfallen. Nun haben wir wenigen noch verbliebenen Rechtgläubigen die Rechnung präsentiert bekommen, entweder schließen wir uns den Ketzer an oder verlassen unsere Heimatstadt.“Historische Darstellung der Hinrichtung der Täufer „Hans, ich hol die Kinder, das Nötigste ist längst in Truhen verstaut, dann können wir noch heute aufbrachen.“ „Ich kann doch nicht meine geliebte Heimatstadt verlassen, in der meine Familie seit Generationen lebt, die meine Vorväter mitaufgebaut haben.“ „Aber Hans, Du kannst doch nicht zum Ketzer werden, was ist Heimatliebe im Vergleich zum wahren Glauben!“ „Ich habe meine Wahl getroffen, sie fiel mir nicht leicht, doch es muss wohl so sein. Wir werden uns noch in dieser Woche taufen lassen. Anschließend können wir hoffentlich in Frieden weiter leben und unserem Geschäft nachgehen.“
Ein Jahr später. „Hans, ich weiß nicht ein noch aus, die Kinder hungern, von mir selbst mag ich gar nicht erst reden und Du siehst seit Wochen nur noch wie ein Schatten deiner selbst aus.“ „Ach Hilde, dann versuch doch auf dem Markt noch irgendetwas zu bekommen - wer den rechten Preis zahlt, wird schon noch etwas zu Essen auftreiben.“ „Dort gibt es schon lange nichts mehr, die Leute sind schon dazu übergegangen, Kalk von den Kirchenwänden mit Wasser zu vermischen und den Kindern als Milch vorzusetzen!“ „Ich weiß nicht mehr ein noch aus Hilde. Vielleicht hätten wir damals doch fliehen sollen, doch jetzt ist es zu spät. Wohin sollen wir uns wenden, die Stadt ist von Truppen umgeben, sodass wir gezwungen sind weiter auszuharren.“ „Gott steh uns bei.“
Wiederum ein Jahr später. „Ha, heute ist es nun soweit, den drei obersten Ketzern und ihrem grausigen Treiben wurde ein Ende gesetzt. Haben die geschrieen und gejammert – recht so! Vergeltung für all die Dinge, die sie uns in den letzten Jahren angetan und abverlangt haben.“ „Ist es wahr, was mir die Nachbarin erzählte, die drei Täufer Leyden, Krechting und Knipperdolling wurden in Käfigen an den Kirchturm gehängt, wo ihre Überreste den Raben preisgegeben sind?“ „Genauso ist es Hilde! Diese Unwürdigen haben heute ein gerechtes Ende gefunden!“
Die Hoffnungen des fiktiven Münsteraner Ehepaares sollten bald in Erfüllung gehen. Am 24. Juni 1535 wurde Münster nach blutigen Kämpfen eingenommen. Noch heute an der Lamberti-Kirche zu Münster zu sehende KäfigeAm 22. Januar 1536 wurden die drei Führer der Täufer Jan van Leyden, Bernd Krechting und Bernd Knipperdolling vor dem Rathaus gefoltert und hingerichtet. Ihre verstümmelten Leichen wurden zur Abschreckung in drei eisernen Körben am Turm der Lambertikirche aufgehängt, wo sie auch heute noch zu sehen sind.
Vorausgegangen war diesen Ereignissen die Errichtung des Täuferreichs von Münster, dessen Anhänger aus einer radikalisierten Form der Reformationsbewegung hervorgegangen waren. Bei den Ratswahlen am 23. Februar 1534 konnte die Täuferbewegung unter Führung von Jan Mathys die Mehrheit erzielen und stellten allen Gegner ein Ultimatum: Entweder sie ließen sich taufen und identifizierten sich mit der Täuferpartei oder sie mussten die Stadt bis zum 27. Februar 1434 verlassen.
Nach dem Tod des Jan Mathys wurde Jan van Leiden zum Anführer der Täuferbewegung in Münster. Unter ihm setzte eine weitere Phase der Radikalisierung ein. Auf Grund des hohen Frauenanteils an der Bevölkerung wurde die Polygamie eingeführt. Nach erfolgreicher Abwehr eines Angriffs der Belagerer lies sich Jan van Leiden zum König über das „Königreich Zion“ krönen. Währenddessen herrschte in der belagerten Stadt eine Hungersnot. Den Belagerern gelang es die als uneinnehmbar geltende Stadt Münster auszuhungern. Am 24. Juni 1435 öffnete der Schreiner Heinrich Gresbeck den Belagerern ein Stadttor, womit dem Täuferreich von Münster ein Ende gesetzt wurde.