Archiv der Kategorie ‘Osteuropäische Geschichte‘


Patriarch Filaret: Wahl von Michail I. Romanow zum russischen Zaren (21. Februar 1613)

Donnerstag, den 21. Februar 2008

Ich bin am Ziel angekommen. Endlich ist es vollbracht – nun zwar nicht für mich. Aber mein Sohn ist auf dem Thron.
Wer hätte das jemals gedacht? Nach den Intrigen des schändlichen Godunov und dem schwachsinnigen Balg, das auf dem Zarenthron saß und nichts besseres wusste als ab und an mit den Glocken zu bimmeln, in dessen Namen er alles verfügte.
Ikone von Patriarch FilaretMeiner Familie hat Godunov, der sich erdreistete sich selbst zum Zar zu erheben, alles genommen. Nun fast alles.
Mich hat er zum Mönch scheren lassen und ins Kloster geschickt. Mich gar gezwungen, den Namen Filaret anzunehmen.
Am Ende aber war doch alles zu meinem Vorteil. Vielleicht hatte Gott dies von Anfang an für mich vorgesehen.
Nur so konnte ich den Weg bis zum Thron des Patriarchen einschlagen.
Nur so konnte ich mit meiner Autorität meinem Sohn zum Platz auf dem Zarenthron verhelfen – auch wenn ich kurzzeitig in Erwägung zog, einen anderen in diese Position zu bringen.
Aber nun bin ich angekommen! Die Macht liegt in der Hand meiner Familie und bei mir.
Ich bin der „Große Herrscher“, auch wenn mein Sohn auf dem Thron sitzt.

Mit der Thronbesteigung Michail Fjodorowitsch Romanow auf den russischen Zarenthron als Michael I. endete in Russland die Smuta, die „Zeit der Wirren“ und es begann die Dynastie der Romanows, die bis 1918 das Land regieren sollte, seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts durch Vereinigung mit einer deutschen Familie als Dynastie Romanow-Holstein-Gottorp.
Der Beginn der „Zeit der Wirren“ ist nicht klar festzumachen.
Einige Historiker sehen ihren Beginn bereits am 15.5.1591, als mit Dimitri Iwanowitsch der jüngere Bruder von Zar Fjodor I. starb – bis heute ist nicht geklärt ob durch einen Mord oder an den Folgen eines epileptischen Anfalls, bei dem er sich selbst erstochen haben könnte.
Die Smuta, die Zeit der Wirren in Russland. Gemälde von Sergey Vasilyevich Ivanov
Damit verlor das Herscherhaus der Rurikiden, das seit der mythologischen Zeit seines angeblichen Stammvaters Rurik immer Einfluss auf die Geschicke Russlands ausgeübt hatte, den letzten Thronfolger und von Fjodor I., der auf Grund seiner etwas seltsam anmutenden Leidenschaft durch Russland zu reisen und die Glocken aller Kirchen im Land zu läuten, den Beinamen „Bellringer“ trägt, war kein Nachwuchs zu erwarten.
Der Zar, der wegen seiner Geistesschwäche die Regierungsgeschäfte einem Regentschaftsrat der Bojaren unter der Führung von Boris Godunov überlassen musste, starb im Jahr 1598. Ein anderes Datum, zu dem man den Beginn der Smuta festmachen kann.
Nach dem Ende der Dynastie der Rurikiden erlangte Boris Godunov als Zar Boris I. den russischen Thron.
Seine Stellung war trotz seiner machtvollen Position nicht unangefochten. Im russischen Volk und, weit wichtiger, in der russisch-orthodoxen Kirche, gab es die weit verbreite Meinung, dass ein Zar nur dann legitim sein könnte, wenn er mit der alten Herrscherfamilie verwandt wäre. Weder die Wahl Godunovs zum Zaren durch eine große Landesversammlung noch die Tatsache, dass er der russisch-orthodoxen Kirche überhaupt erst zur Einrichtung eines eigenen Patriarchats und der dafür notwendigen Zustimmung der übrigen orthodoxen Patriarchen verholfen hatte, stärkten seine Position.
In seiner Regierungszeit kam es durch diese Umstände bedingt zum Auftreten eines Thronprätendenten, der behauptete, er sei der für tot erachtete Dimitri, der 1591 in Wirklichkeit überlebt habe.
Dieser konnte sich ausländische Unterstützung, vor allem aus Polen-Litauen, sichern und ging gegen Godunov vor. Auch der Papst, der sich von einem Erfolg des katholischen Polen eine Remissionierung Russlands erhoffte, erkannte Dimitri als den legitimen Zaren an.
Nach dem Tod Boris Godunovs 1605, dem letzten Zeitpunkt, der teilweise als Beginn der „Zeit der Wirren“ angesehen wird, kam es zu schnellen Wechseln von Thronansprüchen, Zaren und Patriarchen, je nachdem wer gerade die stärkste Position in Russland innehatte.
So kam es auch zum Auftreten eines zweiten „falschen Dimitri“, der sich die Unterstützung des mächtigen Filaret sichern konnte, der aus dem von dem von Godunov bekämpften Adelshaus der Romanows stammte. Er wurde vom zweiten Dimitri zu „seinem Patriarchen“ bestimmt, während der zu diesem Zeitpunkt gewählte Zar Vasilij Sujskij wiederum einen anderen Geistlichen als Patriarchen anerkannte, der den Namen Germogen trug. Dieser aber unterstützte keineswegs Sujskij, sondern Michael, der wiederum der Sohn Filarets war. Michael I. Romanow
Erst, als erneut polnische Truppen in Russland einmarschierten kam es zu einer Sammlungsbewegung und einer nationalen Einigung. Dieses Aufkommen nationaler Strömungen war darin begründet, dass die polnischen Truppen dieses Mal nicht intervenierten, um einem russischen Kandidaten zu unterstützen, sondern in der Absicht, den polnischen König Wladyslaw IV., der nun den Zarenthron für sich beanspruchte, zur Macht in Russland zu verhelfen.
Dies wollten weder die russischen Adeligen noch das russische Volk akzeptieren und so kam es zur erwähnten Sammlungsbewegung, der es schließlich gelang, die Position Michail Romanows zu stärken, so dass dieser am 21. Februar 1613 zum ersten Zaren aus der Familie Romanow gewählt wurde.
Er stand aber bis zu dessen Tod unter maßgeblichem Einfluss seines Vaters, Patriarch Filaret, der de facto die Kontrolle über Russlands hatte und sich dementsprechend auch den Titel „Großer Herrscher“ verleihen ließ, der eigentlich dem Zaren zugestanden hätte.

Edward Harning, Berater der britischen Delegation: Die Erklärung von Jalta (11. Februar 1945)

Montag, den 11. Februar 2008

Was haben wir heute getan?
Brauchen wir wirklich den Teufel, um Satan auszutreiben? Müssen wir uns auf diesen Pakt einlassen, um der Welt wieder Frieden zu bringen?
Vielleicht wäre es doch eine bessere Entscheidung, von Berlin direkt bis nach Moskau weiter zu marschieren. Aber die Welt ist des Krieges müde. Und wir sind es auch.
Aber ist es das wert? Wir opfern die Völker Europas auf dem Altar des Sieges und Stalin lacht sich dabei ins Fäustchen.
Wir liefern die Polen, die Tschechen, die Ungarn, die Rumänen, die baltischen Völker und die Bulgaren der Willkür des einen Diktators aus, nachdem wir sie von der tödlichen Unterdrückung des anderen befreit haben.
Aber etwas anderes war wohl nicht zu erreichen. Wenigstens Italien und Griechenland, in Teilen auch Jugoslawien, konnten wir vor den Klauen der Kommunisten bewahren. Churchill, Roosevelt, Stalin bei der Konferenz von Jalta Wohin wird uns das führen? Zu einem neuen Krieg? Schon bald? Gibt es uns nur eine Atempause, bevor wir nach der Fratze des Faschismus auch der des Kommunismus werden begegnen müssen? Wohin führt das die Welt? Und macht es wirklich einen Unterschied, ob man die Mordanstalten und Folterorte KZ oder Gulag nennt?
Aber es muss sein. Wenn wir Stalin nicht wenigstens etwas geben, diesen Schutzpuffer, wie er es nennt, der aber nichts mehr sein wird, als ein Ring sowjetischer Satellitenstaaten, dann wird es keinen Frieden geben. Noch nicht einmal für eine kurze Zeit.
Wohin wird uns das führen? Die Todesmaschinerie der Deutschen wird bald von den Schultern Europas genommen sein.
Aber um die eine Hälfte wirklich zu befreien, geben wir die andere Hälfte einer neuen Unterdrückung hin. Sehenden Auges, ohne es ändern zu können.
Die Geschichte möge uns vergeben.

Mit der Erklärung von Jalta wurde am 11. Februar 1945 auf der Konferenz von Jalta die zukünftige Aufteilung der Interessensphären in Europa und Asien, nach dem zu erwartenden Sieg über die Mittelmächte um Deutschland und Japan, zwischen den westlichen Alliierten und der Sowjetunion beschlossen.
Darüber hinaus wurden die Besatzungszonen in den besiegten Staaten festgelegt.
Der Beschluss, der Polen, die Tschechoslowakei und die baltischen Staaten an Stalin fallen ließ, ergänzte die Bestimmungen der Moskauer Konferenz vom 9. bis 20. Oktober 1944, in der die Aufteilung für die Staaten Südosteuropas festgelegt worden war. Darin waren Rumänien, Bulgarien sowie weitestgehend Jugoslawien und Ungarn der sowjetischen Interessenssphäre zugeschlagen worden, wohingegen es unter großen Bemühungen gelungen war, Italien und Griechenland vor dem kommunistischen Zugriff zu bewahren. Das geteilte Europa nach dem 2. Weltkrieg Darüber hinaus traf man Entscheidungen hinsichtlich der Entscheidungsgremien der nach dem Krieg zu gründenden Vereinten Nationen, insbesondere die Zusammensetzung der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates und ihre Vetorechte betreffend. Eine Festlegung, die bis heute Gültigkeit hat.
So wurden in der Erklärung von Jalta bereits die Frontlinien des Kalten Krieges vorgezeichnet, die die Welt bis 1990 in ihrem Griff haben sollten. Außerdem diente sie als Legitimierung der Suprematie der Sowjetunion über die osteuropäische Staatenwelt und in gewisser Weise auch als Legitimitätserklärung der anderen Mächte für die kommunistischen Diktaturen und Gewaltherrschaften der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Es ist aber auch festzuhalten, dass ohne die Zusammenarbeit der Alliierten, auch in den Konferenzen von Jalta, Moskau u.a. ein koordiniertes Vorgehen gegen das faschistische Deutschland nicht möglich gewesen wäre und ein direktes Übergleiten des Zweiten Weltkrieges in einen neuen Krieg zwischen den Großmächten wahrscheinlich gewesen wäre – Pläne für dieses Schreckensszenario gab es auf beiden Seiten.
So gelang es durch diese Politik - so zynisch dies im Rückblick auch erscheinen mag - Europa zumindest von den Schrecken Nazi-Deutschlands zu befreien und einem Teil der Staaten und Völker Frieden und Freiheit zu geben.

Ludwig Franz, Reporter: Agentenaustausch auf der Glienicker Brücke (10. Februar 1962)

Sonntag, den 10. Februar 2008

Herr Thompson, können Sie bestätigen, dass es heute am frühen Vormittag zu einem Gefangenenaustausch zwischen den Vereinigten Staaten und der UdSSR kam?
Nein. Es gab keinen Gefangenaustausch.

Wir haben aber aus sicherer Quelle erfahren, dass Sie einen Agenten der UdSSR kurz vor 9 h an diesem Vormittag gegen einen amerikanischen Gefangen ausgetauscht haben.
Wir führen solche Dinge nicht durch. Ich kann das nicht bestätigen.

Francis Gary PowersSie können also auch nicht bestätigen, dass es sich beim dem ausgetauschen Spion um Francis Gary Powers gehandelt hat, der nach einem Spionageflug in sowjetischer Gefangenschaft war?
Wie ich schon sagte, hat ein solcher Austausch nicht stattgefunden. Darüber hinaus möchte ich betonen, dass Mr. Powers kein Spion ist. Er arbeitete vor seinem Abschuss für die NASA und führte nur Flüge zur Wetterforschung durch.

Sie sagen also erneut, dass dieser Austausch, über den wir genaue Informationen haben, nicht stattgefunden hat? Heute morgen kurz vor neun Uhr wurde nicht der amerikanische Spion Francis Garys Powers gegen den KGB-Agenten Rudolf Iwanowitsch Abel, der wegen Spionage im Atomwaffenprogramm der USA in Haft war, auf der Glienicker Brücke ausgetauscht?
Ich denke, an dieser Stelle beenden wir dieses Gespräch.

Der amerikanische U2-Pilot Francis Gary Powers war am 1. Mai 1960 während eines Spionagefluges über der Sowjetunion abgeschossen worden. Die USA dementierte, nachdem Powers vor laufenden Kameras von der UdSSR präsentiert worden war, die Existenz jeglicher Spionageflüge. Die U2 von Powers sei lediglich zur Wetterbeobachtung eingesetzt worden.
Nach fast zwei Jahren in sowjetischer Gefangenschaft, am 10. Februar 1962, wurde Francis Gary Powers um kurz vor 9 h gegen den in amerikanischen Gefangenschaft befindlichen Rudolf Iwanowitsch Abel ausgetauscht, der im Auftrag der UdSSR das amerikanische Atomwaffenprogramm ausspioniert hatte und 1957 enttarnt worden war. Lockheed U2Nach dem Austausch kam Abel zu verschiedenen Ehrungen in der UdSSR und anderen sozialistischen Staaten und wurde sogar auf einer Briefmarke sowie auf verschiedenen Medaillen verewigt. Er starb am 15. November 1971.
Powers war nach seiner Rückkehr als Testpilot beim U2-Produzenten Lockheed beschäftigt. Er starb am 1977 beim Absturz eines Hubschraubers.
Der Austausch zwischen Abel und Powers war der erste von drei Gefangenenaustauschen auf der Glienicker Brücke, von denen der letzte 1986 stattfand.

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