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Song Bing: Seeschlacht von Yamen (19. März 1279)

Mittwoch, den 19. März 2008

Was hat er mit mir vor?
Steht mit mir am Rande des reißenden Flusses.
‚Nie wird ein chinesischer Kaiser sein Knie vor den Mongolen beugen’ schreit er immer wieder, immer wieder schreit er es ‚nie, nie’
Fast irre erscheint mir der Blick in den Augen meines Beraters.
Was hat er mit mir vor und warum sollte ich vor den barbarischen Horden die Knie beugen. ICH? Der Kaiser von China wird nie das Knie beugen. Song Bing, letzter Kaiser aus der Chinesischen Song Dynastie
Aber warum steht Lu Xiufu mit mir in den Armen am Rande Schiffs, dem Wasser des Zhu Jiang zugewandt?
Hat er etwas Angst vor den Mongolen und will weiter mit mir fliehen?
Da schreit er es wieder heraus. ‚Nie wird ein chinesischer Kaiser sein Knie vor den Mongolen beugen’.
Wird sind doch schon so weit geflohen. Meine schöne Stadt, mein Hangzhou haben mir die Mongolen weggenommen.
Aber heute sollte alles anders werden.
Lu Xiufu hat es mir schließlich versprochen.
Meine Schiffe werden die Mongolen besiegen und alles wird wieder mir gehören, wenn meine Schiffe die Mongolen im Delta des Perlflusses geschlagen haben.
Ja, dann gehört das alles wieder mir - mein ganzes China gehört dann wieder mir.
Was tut er denn? Einen Schritt weiter auf die Reling zu. Den Fuß erhoben. Er steigt mit mir auf die Reling.
Ja sieht er denn nicht, dass unter uns das Wasser rauscht? Nur ein Schritt zu weit und wir könnten stürzen! Aber er will sicher nur meinen Mut auf die Probe stellen, damit ich zeigen kann, dass ich würdig bin mein ganzes China zu lenken, wenn meine Schiffe und Soldaten die Mongolen vertrieben haben.
Ich werde keine Angst zeigen! Nein, ich werde ganz still sein.
Noch einen Schritt tut er.
Und noch einen, aber das ist keine Planke mehr unter uns.
Wir stürzen! NEIN!!! Hilfe! Das Wasser, es kommt näher! Hilfe!!! Es bricht über uns zusammen.
So lass mich doch los Lu Xiufu lass mich ans Ufer schwimmen.
Aber er zieht mich tiefer. Immer tiefer.
Die Strömung reißt uns mit sich und er lässt mich nicht los.
Er macht auch keine Anstalten, uns zu retten.
Ich sehe nichts mehr. Die Arme und Beine, sie werden so kalt. So kalt.

Mit der Niederlage gegen die Mongolen bei der Schlacht von Yamen, einer der größten Seeschlachten der Weltgeschichte, ging in China die Song-Dynastie zu Ende, die seit 960 das Riesenreich regiert hatte.
Einer Armada von über 1000 Kriegschiffen mit mehr als 200.000 Soldaten auf Seiten der Song-Dynastie stand eine kleine Flotte von etwas mehr als 50 Schiffen und 20.0000 Soldaten der Mongolen gegenüber. Dennoch siegten die Mongolen mit einer taktischen Meisterleistung so deutlich, dass weit mehr als 100.000 Soldaten auf Seiten der Song den Tod fanden und die restlichen Einheiten entweder zerstreut oder verletzt wurden.
In einem Akt der Verzweiflung und um zu verhindern, dass sich eiern der letzte Kaiser der Song-Dynastie, der erst achtjährige Song Bing, den Mongolen ergeben müsste, stürzte sich der Kaiserberater Lu Xiufu mit dem Kind im Arm in die Fluten des Perlflusses.
Mit dem Tod Song Bings starb der letzte Kaiser der langjährigen Dynastie.
Der Niedergang der Song-Dynastie hatte aber schon zuvor begonnen.
Bereits in der Mitte des zwölften Jahrhunderts war Nordchina an die Jurchen, die Vorfahren der Mandschu-Chinesen verloren worden, die wiederum aber ihre Gebiete bis 1234 komplett an die Mongolen unter Ögedei Khan, den dritten Sohn Dschingis Khans verloren.
Größte Ausdehnung des Mongolenreiches
Von nun an versuchten die Mongolen auch den Süden Chinas unter ihre Kontrolle zu bringen, was ihnen nach und nach auch gelang.
Bereits drei Jahre vor der Schlacht von Yamen hatten die Mongolen die Song-Hauptstadt Hangzhou erobert und den jungen Thronfolger zur Flucht gezwungen, der zwei Jahre nach dem Verlust der Hauptstadt zum Kaiser gekrönt wurde, nachdem sein Bruder und Vorgänger Duanzong gestorben war.
Nach seinem Tod erlangten die Mongolen die Kontrolle über Südchina und verleibten das Land ihrem Großreich ein, das von nun an unter Kublai Khan, einem Enkel Dschings Khans von Peking aus regiert wurde.
Ihre Herrschaft über China dauerte aber weniger als 100 Jahre an. 1368 wurden sie von der Ming-Dynastie abgelöst, die fast 300 Jahre die Kontrolle über das Land haben sollte, bis sie selbst 1644 wieder von der Qing-Dynastie der Mandschu abgelöst wurde – den Nachfahren der Jurchen der Jin-Dynastie die 400 Jahre zuvor als erste ihr Gebiet an die Mongolen verloren hatten.

(Die Karte des Mongolen Reich stammt aus: Putzgers Historischer Schul-Atlas. 39. Auflage. 1917)

Isuf al’Haita, Chronist: Die Zerstörung Bagdads durch den Mongolenfürsten Chülegü (10. Februar 1258)

Sonntag, den 10. Februar 2008

Mit den ersten Strahlen der Morgensonne hörte man die Pferde der heranreitenden Horden. Wie ein unaufhaltsamer Sandsturm kamen sie über die Stadt. Die Mongolen unter Chülegü bei der Belagerung Bagdads
So wie die Morgensonne die Stadt in ein tiefes Rot tauchte, dass allen Kindern Allahs einen schönen Tag in der Stadt Bagdad, dem Geschenk Gottes verhieß, so tauchten die Reiterhorden des Chülegü das einstmals so glorreiche Bagdad in ein noch tieferes Rot – entstanden aus dem Blut der Getöteten und Geschändeten.
Frauen, Kinder und Männer vor keinem machten die Boten des Todes halt.
Allahs prachtvolle Stadt wurde bis auf die Grundmauern zerstört, aller ihrer Pracht und Weisheit beraubt und fast alles menschliche Leben aus ihr getilgt.
Wo noch gestern die große gottgefällige Metropole des Zweistromlandes über allem erblühte sind heute nur noch rauchende Trümmer und schreiende Menschen zu sehen. Überragt von einer Pyramide aus Schädeln, die höher war als es alle Minarette und Türme der großartigen Stadt jemals zuvor gewesen waren.
Was von Menschenhand unter Allahs Schutz in Jahrhunderten errichtet wurde, wurde an nur einem einzigen Tag von den Henkern des Teufels aus der mongolischen Steppe für immer zerstört.
Auch die großartigste aller Bibliotheken, die Bayt al Hikmah, in der alles Wissen der Welt vereint war ist nicht mehr als eine leere Hülle, alle Bücher und Schriften versanken im vom Blut Hunderttausender rotgefärbten Tigris.

Mit der Eroberung Bagdads durch den Mongolenfürsten Chülegü, einem Enkel des berühmten Dschingis Khan, ging das Kalifat der Abbasiden endgültig zu Grunde.
Damit endete ein Prozess des Niederganges, der bereits seit fast 400 Jahren in Gang war.
Die Erstürmung Bagdads am 10. Februar 1258, bei der auch der letzte abbasidische Kalif, Al-Mustasim gefangen wurde (10 Tage später wurde er hingerichtet) stellt einen Höhepunkt der Grausamkeit des ohnehin als extrem brutal geltenden Chülegü dar.
Chronisten sprechen von bis zu 250.000 Ermordeten. Wie viele weitere Menschen verwundet oder gefoltert wurden ist unklar.
Aus den Schädeln der Erschlagenen soll eine riesige Pyramide in der Stadt errichtet worden sein.
Die Inhaftierung des letzten Abbasiden-Kalifen al-Mutasim in einer Darstellung aus dem 15. Jahrhundert
Chülegü zerstörte auch das in der Stadt angesammelte Wissen, indem er die Bücher der Bibliothek der Akademie „Haus der Weisheit“ in den Tigris werfen und die Akademie zerstören ließ. Damit setzte er seine Politik der Zerstörung des Wissens anderer Kulturen fort, so wie er es auch bei der Erstürmung der Ismailiten-Burg Alamut zwei Jahre zuvor getan hatte.
Auch die komplexe Infrastruktur rund um die Stadt wurde weitestgehend zerstört. Vor allem die Zerstörung der komplizierten Bewässerungssysteme, die das Zweistromland weit rund um Bagdad zu einer grünen Insel in der Wüste gemacht hatten und es der Stadt ermöglichten zur größten (oder zweitgrößten) Stadt der Welt zu wachsen, hatte katastrophale Auswirkungen auf die ganze Region. Die Wüste holte sich das ihr abgetrotzte Land zurück und der einstmals blühende Garten des Zweistromlandes verödete mehr und mehr.
Die Zerstörung Bagdads ist einer der Gründe, für den bis heute andauernden Hass zwischen Schiiten und Sunniten, da die Sunniten den Schiiten vorwarfen, die Mongolen beim Sturm auf Bagdad unterstützt zu haben.
An Stelle der vormals bedeutendsten Metropole einer riesigen Region trat für viele Jahrhunderte eine nahezu bedeutungslose Gegend.