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Isuf al’Haita, Chronist: Die Zerstörung Bagdads durch den Mongolenfürsten Chülegü (10. Februar 1258)

Sonntag, den 10. Februar 2008

Mit den ersten Strahlen der Morgensonne hörte man die Pferde der heranreitenden Horden. Wie ein unaufhaltsamer Sandsturm kamen sie über die Stadt. Die Mongolen unter Chülegü bei der Belagerung Bagdads
So wie die Morgensonne die Stadt in ein tiefes Rot tauchte, dass allen Kindern Allahs einen schönen Tag in der Stadt Bagdad, dem Geschenk Gottes verhieß, so tauchten die Reiterhorden des Chülegü das einstmals so glorreiche Bagdad in ein noch tieferes Rot – entstanden aus dem Blut der Getöteten und Geschändeten.
Frauen, Kinder und Männer vor keinem machten die Boten des Todes halt.
Allahs prachtvolle Stadt wurde bis auf die Grundmauern zerstört, aller ihrer Pracht und Weisheit beraubt und fast alles menschliche Leben aus ihr getilgt.
Wo noch gestern die große gottgefällige Metropole des Zweistromlandes über allem erblühte sind heute nur noch rauchende Trümmer und schreiende Menschen zu sehen. Überragt von einer Pyramide aus Schädeln, die höher war als es alle Minarette und Türme der großartigen Stadt jemals zuvor gewesen waren.
Was von Menschenhand unter Allahs Schutz in Jahrhunderten errichtet wurde, wurde an nur einem einzigen Tag von den Henkern des Teufels aus der mongolischen Steppe für immer zerstört.
Auch die großartigste aller Bibliotheken, die Bayt al Hikmah, in der alles Wissen der Welt vereint war ist nicht mehr als eine leere Hülle, alle Bücher und Schriften versanken im vom Blut Hunderttausender rotgefärbten Tigris.

Mit der Eroberung Bagdads durch den Mongolenfürsten Chülegü, einem Enkel des berühmten Dschingis Khan, ging das Kalifat der Abbasiden endgültig zu Grunde.
Damit endete ein Prozess des Niederganges, der bereits seit fast 400 Jahren in Gang war.
Die Erstürmung Bagdads am 10. Februar 1258, bei der auch der letzte abbasidische Kalif, Al-Mustasim gefangen wurde (10 Tage später wurde er hingerichtet) stellt einen Höhepunkt der Grausamkeit des ohnehin als extrem brutal geltenden Chülegü dar.
Chronisten sprechen von bis zu 250.000 Ermordeten. Wie viele weitere Menschen verwundet oder gefoltert wurden ist unklar.
Aus den Schädeln der Erschlagenen soll eine riesige Pyramide in der Stadt errichtet worden sein.
Die Inhaftierung des letzten Abbasiden-Kalifen al-Mutasim in einer Darstellung aus dem 15. Jahrhundert
Chülegü zerstörte auch das in der Stadt angesammelte Wissen, indem er die Bücher der Bibliothek der Akademie „Haus der Weisheit“ in den Tigris werfen und die Akademie zerstören ließ. Damit setzte er seine Politik der Zerstörung des Wissens anderer Kulturen fort, so wie er es auch bei der Erstürmung der Ismailiten-Burg Alamut zwei Jahre zuvor getan hatte.
Auch die komplexe Infrastruktur rund um die Stadt wurde weitestgehend zerstört. Vor allem die Zerstörung der komplizierten Bewässerungssysteme, die das Zweistromland weit rund um Bagdad zu einer grünen Insel in der Wüste gemacht hatten und es der Stadt ermöglichten zur größten (oder zweitgrößten) Stadt der Welt zu wachsen, hatte katastrophale Auswirkungen auf die ganze Region. Die Wüste holte sich das ihr abgetrotzte Land zurück und der einstmals blühende Garten des Zweistromlandes verödete mehr und mehr.
Die Zerstörung Bagdads ist einer der Gründe, für den bis heute andauernden Hass zwischen Schiiten und Sunniten, da die Sunniten den Schiiten vorwarfen, die Mongolen beim Sturm auf Bagdad unterstützt zu haben.
An Stelle der vormals bedeutendsten Metropole einer riesigen Region trat für viele Jahrhunderte eine nahezu bedeutungslose Gegend.