Ludwig Franz, Reporter: Agentenaustausch auf der Glienicker Brücke (10. Februar 1962)

10. Februar 2008

Herr Thompson, können Sie bestätigen, dass es heute am frühen Vormittag zu einem Gefangenenaustausch zwischen den Vereinigten Staaten und der UdSSR kam?
Nein. Es gab keinen Gefangenaustausch.

Wir haben aber aus sicherer Quelle erfahren, dass Sie einen Agenten der UdSSR kurz vor 9 h an diesem Vormittag gegen einen amerikanischen Gefangen ausgetauscht haben.
Wir führen solche Dinge nicht durch. Ich kann das nicht bestätigen.

Francis Gary PowersSie können also auch nicht bestätigen, dass es sich beim dem ausgetauschen Spion um Francis Gary Powers gehandelt hat, der nach einem Spionageflug in sowjetischer Gefangenschaft war?
Wie ich schon sagte, hat ein solcher Austausch nicht stattgefunden. Darüber hinaus möchte ich betonen, dass Mr. Powers kein Spion ist. Er arbeitete vor seinem Abschuss für die NASA und führte nur Flüge zur Wetterforschung durch.

Sie sagen also erneut, dass dieser Austausch, über den wir genaue Informationen haben, nicht stattgefunden hat? Heute morgen kurz vor neun Uhr wurde nicht der amerikanische Spion Francis Garys Powers gegen den KGB-Agenten Rudolf Iwanowitsch Abel, der wegen Spionage im Atomwaffenprogramm der USA in Haft war, auf der Glienicker Brücke ausgetauscht?
Ich denke, an dieser Stelle beenden wir dieses Gespräch.

Der amerikanische U2-Pilot Francis Gary Powers war am 1. Mai 1960 während eines Spionagefluges über der Sowjetunion abgeschossen worden. Die USA dementierte, nachdem Powers vor laufenden Kameras von der UdSSR präsentiert worden war, die Existenz jeglicher Spionageflüge. Die U2 von Powers sei lediglich zur Wetterbeobachtung eingesetzt worden.
Nach fast zwei Jahren in sowjetischer Gefangenschaft, am 10. Februar 1962, wurde Francis Gary Powers um kurz vor 9 h gegen den in amerikanischen Gefangenschaft befindlichen Rudolf Iwanowitsch Abel ausgetauscht, der im Auftrag der UdSSR das amerikanische Atomwaffenprogramm ausspioniert hatte und 1957 enttarnt worden war. Lockheed U2Nach dem Austausch kam Abel zu verschiedenen Ehrungen in der UdSSR und anderen sozialistischen Staaten und wurde sogar auf einer Briefmarke sowie auf verschiedenen Medaillen verewigt. Er starb am 15. November 1971.
Powers war nach seiner Rückkehr als Testpilot beim U2-Produzenten Lockheed beschäftigt. Er starb am 1977 beim Absturz eines Hubschraubers.
Der Austausch zwischen Abel und Powers war der erste von drei Gefangenenaustauschen auf der Glienicker Brücke, von denen der letzte 1986 stattfand.

Isuf al’Haita, Chronist: Die Zerstörung Bagdads durch den Mongolenfürsten Chülegü (10. Februar 1258)

10. Februar 2008

Mit den ersten Strahlen der Morgensonne hörte man die Pferde der heranreitenden Horden. Wie ein unaufhaltsamer Sandsturm kamen sie über die Stadt. Die Mongolen unter Chülegü bei der Belagerung Bagdads
So wie die Morgensonne die Stadt in ein tiefes Rot tauchte, dass allen Kindern Allahs einen schönen Tag in der Stadt Bagdad, dem Geschenk Gottes verhieß, so tauchten die Reiterhorden des Chülegü das einstmals so glorreiche Bagdad in ein noch tieferes Rot – entstanden aus dem Blut der Getöteten und Geschändeten.
Frauen, Kinder und Männer vor keinem machten die Boten des Todes halt.
Allahs prachtvolle Stadt wurde bis auf die Grundmauern zerstört, aller ihrer Pracht und Weisheit beraubt und fast alles menschliche Leben aus ihr getilgt.
Wo noch gestern die große gottgefällige Metropole des Zweistromlandes über allem erblühte sind heute nur noch rauchende Trümmer und schreiende Menschen zu sehen. Überragt von einer Pyramide aus Schädeln, die höher war als es alle Minarette und Türme der großartigen Stadt jemals zuvor gewesen waren.
Was von Menschenhand unter Allahs Schutz in Jahrhunderten errichtet wurde, wurde an nur einem einzigen Tag von den Henkern des Teufels aus der mongolischen Steppe für immer zerstört.
Auch die großartigste aller Bibliotheken, die Bayt al Hikmah, in der alles Wissen der Welt vereint war ist nicht mehr als eine leere Hülle, alle Bücher und Schriften versanken im vom Blut Hunderttausender rotgefärbten Tigris.

Mit der Eroberung Bagdads durch den Mongolenfürsten Chülegü, einem Enkel des berühmten Dschingis Khan, ging das Kalifat der Abbasiden endgültig zu Grunde.
Damit endete ein Prozess des Niederganges, der bereits seit fast 400 Jahren in Gang war.
Die Erstürmung Bagdads am 10. Februar 1258, bei der auch der letzte abbasidische Kalif, Al-Mustasim gefangen wurde (10 Tage später wurde er hingerichtet) stellt einen Höhepunkt der Grausamkeit des ohnehin als extrem brutal geltenden Chülegü dar.
Chronisten sprechen von bis zu 250.000 Ermordeten. Wie viele weitere Menschen verwundet oder gefoltert wurden ist unklar.
Aus den Schädeln der Erschlagenen soll eine riesige Pyramide in der Stadt errichtet worden sein.
Die Inhaftierung des letzten Abbasiden-Kalifen al-Mutasim in einer Darstellung aus dem 15. Jahrhundert
Chülegü zerstörte auch das in der Stadt angesammelte Wissen, indem er die Bücher der Bibliothek der Akademie „Haus der Weisheit“ in den Tigris werfen und die Akademie zerstören ließ. Damit setzte er seine Politik der Zerstörung des Wissens anderer Kulturen fort, so wie er es auch bei der Erstürmung der Ismailiten-Burg Alamut zwei Jahre zuvor getan hatte.
Auch die komplexe Infrastruktur rund um die Stadt wurde weitestgehend zerstört. Vor allem die Zerstörung der komplizierten Bewässerungssysteme, die das Zweistromland weit rund um Bagdad zu einer grünen Insel in der Wüste gemacht hatten und es der Stadt ermöglichten zur größten (oder zweitgrößten) Stadt der Welt zu wachsen, hatte katastrophale Auswirkungen auf die ganze Region. Die Wüste holte sich das ihr abgetrotzte Land zurück und der einstmals blühende Garten des Zweistromlandes verödete mehr und mehr.
Die Zerstörung Bagdads ist einer der Gründe, für den bis heute andauernden Hass zwischen Schiiten und Sunniten, da die Sunniten den Schiiten vorwarfen, die Mongolen beim Sturm auf Bagdad unterstützt zu haben.
An Stelle der vormals bedeutendsten Metropole einer riesigen Region trat für viele Jahrhunderte eine nahezu bedeutungslose Gegend.

Ein Feiernder: Litauen stimmt in einem Referendum für die Unabhängigkeit von der Sowjetunion (9. Februar 1991)

9. Februar 2008

Das Landeswappen LitauensFreiheit! Freiheit! Wir haben das Sowjetjoch abgeworfen. Endlich. Heute wird gefeiert.
Die Jahre der Unterdrückung, die Jahrzehnte der Demütigung unter den Diktatoren des Sowjetregimes sind bald vorbei.
Nie wieder Kommunismus. Nie wieder Gesinnungsfolter! Nie wieder Unterdrückung!
Es ist Zeit zu feiern. Heute machen wir den Tag zur Nacht.
Nach diesem Referendum wird alle Welt unseren langgehegten Wunsch nach Freiheit akzeptieren.
Wir haben keine Angst mehr vor den Sowjets, vor Moskau. Nie wieder einen Blutsonntag. Auch ein weiterer Putschversuch wird uns nicht wieder unter das sozialistische Joch zwingen.
Sollen sie nur kommen. Wir haben uns entschieden. Es gibt kein zurück. Vilnius und unser ganzes Land wählt die Freiheit.

Am 9. Februar 1991 entschieden sich die Bürger Litauens, mit einer Mehrheit von 90,5%, für eine Unabhängigkeit von der Sowjetunion.
Ein halbes Jahrhundert hatten die Bürger des Landes die Unterdrückung durch Nazi-Deutschland und die Sowjetunion erdulden müssen.
Dem Referendum zur Unabhängigkeit vorausgegangen waren ein Jahr zuvor die ersten freien Wahlen seit der Besetzung durch die Sowjetunion. Diese hatte bereits die Freiheitsbewegung „Sajudis“ für sich entscheiden können. Kranzniederlegung anlässlich eines Jahrestags des Vilniusser Blutsonntags durch Staatspräsident Valdas Adamkus
Noch im Januar 1991 hatten aber kommunistische Kräfte versucht mit einem Putsch das Land wieder unter ihre Diktatur zu zwängen. Der Putschversuch gipfelte im Vilniusser Blutsonntag, bei dem mehr als ein Dutzend Menschen von den Putschisten ermordet und weit mehr als 1000 schwer verletzt wurden.
Mit dem Referendum war die Freiheit aber noch nicht endgültig gewonnen. Der sowjetische Generalsekretär Michail Gorbatschow erkannte die Unabhängigkeit nicht an.
Einheiten der OMON, einer Spezialeinheit der russischen Milizstreitkräfte, griffen litauische Grenzposten an und töteten mehrere Grenzer. Ein offener Krieg drohte, konnte aber noch verhindert werden.
Erst im August, nachdem reaktionäre kommunistische Putschisten auch in Moskau versucht hatten Michail Gorbatschow zu stürzen und seine Reformen (vor allem die durch Perestroika und Glasnost errungenen Fortschritte) rückgängig zu machen, wurde Litauen von der Welt als unabhängig anerkannt.
Litauens Weg nach Westen, der im NATO- und EU-Beitritt 2004 mündete, hatte begonnen.