Abt Siegbert: Gang nach Canossa (25.-28. Januar 1077)

Auf einmal will er Buße tun – dieser König, der sonst nicht mächtig genug sein kann. Hierher, auf diese zugige Burg hat er uns getrieben, wo wir doch jetzt schon längst die Alpen hätten überwunden haben können. Aber nein, wir mussten Zuflucht bei Mathilde suchen, von der wir nicht vollkommen sicher wissen auf welcher Seite sie nun steht.Heinrich IV vor der päpstlichen Burg Canossa. Bild von Eduard Schwoiser
Dabei wird das alles nur ein hinterhältiger Plan dieses Mannes sein, der sich noch immer König des Heiligen Römischen Reiches nennt. Niemals wird er vor dem Papst zu Kreuze kriechen und Buße tun, dazu müsste er schließlich eingestehen, dass er der weniger Mächtige ist – niemals! Auch wenn er seit heute barfuß und im Büßergewand vor den Toren der Burg steht, kann ich nicht glauben, dass es ihm ernst damit ist!
Hoffentlich lässt Gregor sich nicht auf dieses Schauspiel ein, auch wenn das Wetter unerträglich kalt ist und der Schnee mehrer Zentimeter hoch liegt – so einfach sollte Heinrich nicht davon kommen. Soll er es doch zu spüren bekommen, wie es ist, wenn man es wagt, sich mit der Kirche anzulegen und sich zu diesem Frevel versteigt, den Papst für unwürdig zu erklären und zum Rücktritt vom Stuhle Petri zwingen zu wollen. Zu deutlich klingen seine Worte noch in meinen Ohren, dieses „Steige herab, steige herab!“ werde ich wohl nie vergessen können. Ein paar Frostbeulen an den Füßen hat er sich redlich verdient! Und nicht nur für diese schändliche Tat, sondern auch für seine offensichtlichen Verstöße gegen die Gebote des Papstes müssen bestraft werden, der Bann, den Gregor über ihn gelegt hat, soll ihn bis zu seinem bitteren Lebensende verfolgen.

Vom 25. bis zum 28. Januar des Jahres 1077 stand König Heinrich IV. mehrere Tage lang vor der Burg Canossa im Büßergewand barfuß im Schnee. Papst Gregor VII. hatte sich auf seinem Weg ins Reich in diese Burg der Gräfin Mathilde von Tuszien zurückgezogen, da er einen Angriff des Königs fürchtete. Durch diese Bußhandlung kann Heinrich IV. schließlich erreichen, dass Gregor den über ihn verhängten Bann aufhob.Heinrich IV klopft im Investiturstreit an das Tor der Festung in Canossa. Stahlstich von August von Heyden
Vorausgegangen war dem berühmten Gang nach Canossa die Erkenntnis Heinrichs, dass er die Festigung seiner Position des Königs nur durch die Aufhebung des Banns erzielen konnte, wie es die Reichsfürsten im Oktober 1076 in Trebur von ihm gefordert hatten.
Zustande gekommen war der Kirchenbann durch einen seit langer Zeit schwelenden Streit zwischen Kirche und König, der als Investiturstreit in die Geschichtsbücher eingegangen ist. Der Papst stellte sich gegen die so genannte Laieninvestitur, die besagte, dass weltliche Fürsten kirchliche Ämter vergeben konnten. Dieses Recht sollte nach Auffassung des Papstes aber ausschließlich in den Händen der Kirche liegen. Der König, der Machteinbußen befürchtete, beachtete diese Aufforderung nicht weiter. Die Situation eskalierte schließlich im so genannten Mailänder Bischofsstreit im Jahr 1075. Im Januar 1076 scharte Heinrich IV. auf dem Reichstag im Worms einige gleichgesinnte Bischöfe um sich und verfasste einen Brief an den Papst, in dem er diesen letztendlich aufforderte, sein Amt niederzulegen. Als Legitimation für diese Forderung wurde angeführt, dass Heinrich das Recht habe, den Papst zu ernennen oder zumindest zu bestätigen, dies hatte er jedoch nicht getan. Die Reaktion Gregors VII. folgte umgehend. Auf der Fastensynode 1076 verhängte er den Kirchenbann über Heinrich.

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2 Reaktionen zu “Abt Siegbert: Gang nach Canossa (25.-28. Januar 1077)”

  1. Karl Heinz Treber

    Ich möchte gerne genau wissen, ob der Gang Heinrichs des 4. nach Canossa in Trebur (Tribur) begann oder woanders.
    Danke
    K.H.Treber

  2. K. Hohenadl

    Mich würde interessieren, von wem das untere Gemälde ist. Ich soll anhand dieses Bildes Recherchen betreiben, weiß aber weder von wem es stammt noch wann es entstanden ist.
    Vielen Dank
    k. Hohenadl