Monatsarchiv für Januar 2008

Thomas D. Humpert: Gründung der ersten Sträflingskolonie in Australien (26. Januar 1788)

Samstag, den 26. Januar 2008

Land in Sicht! So schallte es schon vor ein paar Tagen vom Deck herunter in diese stinkende und stickige Hölle. Eines der Schiffe der First Fleet. Gemälde von John Allcot Doch nachdem das Schiff für kurze Zeit vor Anker gegangen war, wurde die Reise fortgesetzt. Wenn in diesem dunklen Elend überhaupt noch eine Zeitrechnung von Bedeutung ist, so scheint die Fahrt für weitere drei Tage unterbrochen worden zu sein, ehe wir dieses stinkende Verlies endlich verlassen durften. Doch was wird uns hier erwarten? Wir alle wurden in unserer Heimat als Verbrecher verurteilt, nur weil wir versucht haben, unsere Familien am Leben zu erhalten und vielleicht einmal versucht haben, einen Kopf Kohl oder einen Stückchen Brot aus dem Vorrat derjenigen zu nehmen, denen es an nichts fehlt. Für sieben Jahre wurden die meisten für solche und ähnliche Dinge in die Verbannung geschickt. In die Verbannung in ein Land, am anderen Ende der Welt, über das nichts bekannt ist, nur, dass es unendlich weit von England entfernt ist. Unsere Familien werden wir wohl niemals wiedersehen.
Wird es hier genauso sein wie in den letzten Monaten? Dunkelheit, Hunger, Enge, Gestank? Zumindest können wir dieses schaukelnde Etwas verlassen und werden wieder festen Boden unter den Füßen haben.

Nachdem Großbritannien im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg die Kontrolle über seine Kolonien in Nordamerika verloren hatte, wurde nach neuen Wegen gesucht, Sträflinge so unterzubringen, dass sie in Zukunft keinen Anlass zu erneutem Eingreifen geben würden. Als Sträfling galten zu dieser Zeit allerdings nicht nur Menschen, die sich aus heutiger Sicht betrachtet schwerer Verbrechen schuldig gemacht hatten, sondern schon kleinere Vergehen wurden hart bestraft. Die Landung der Schiffe der First Fleet in Australien Im 18. Jahhrundert hatte die Kriminalität in Großbritannien in hohem Maße zugenommen, was vor allem auf die einsetzende Industrialisierung und die damit einhergenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umstände zurückzuführen ist. In den Jahren 1784/85 verlangte die Sträflingsfrage nach einer Lösung, da die Gefangenen inzwischen aus Platzmangel sogar auf Schiffen auf der Themse sowie in den Seehäfen untergebracht wurden. Die Lösung wurde schließlich in der Deportation der Gefangenen nach Australien gefunden.
Am 26. Januar 1788 erreichte die erste Flotte, die so genannte First Fleet, mit mehr als 700 Gefangenen unter der Führung Arthur Philips Port Jackson, wo die erste weiße Siedlung in Australien gegründet wurde, die nach dem englischen Innenminsiters Thomas Townsend Sydney benannt worden ist.
Ursprünglich war die Gegend rund um die Botany Bay für die erste Siedlung vorgesehe, doch nach einem Landgang musste festgestellt werden, dass an dieser Stelle keine Frischwasserversorgung möglich war, wurde die Fahrt in Richtung Norden fortgesetzt, wo Port Jackson entdeckt wurde und nach einer mehrtägigen Erkundungstour die Entscheidung auf diesen Platz als Ort für die neue Siedlung fiel.
Die Sträflingsdeportation von Großbritannien nach Australien wurde bis in das Jahr 1868 fortgesetzt, in dieser Zeit wurden mehr als 160.000 Gefangene dorthin verbracht. Seit 1793 wurde zudem offiziell für die Besiedlung Australiens geworben, sodass neben Sträflingen und Bewachungspersonal auch unbescholtene britische Bürger nach Australien kamen.

Neue Reichszeitung: “Hottentottenwahl” (25. Januar 1907)

Freitag, den 25. Januar 2008

Fiktiver Zeitungsartikel einer rechtsnationalen Zeitung zur Reichstagswahl vom 25. Januar 1907

Alle politische Agitation hat nicht geholfen! Den Sozialisten ist es trotz allen ihren Versuchen, das Deutsche Volk zu spalten nicht gelungen, ihre Mandate zu erhalten. Zwar hat die SPD an ihren Stimmenanteilen nur leidlich wenig eingebüßt, aber durch ihr geschicktes, entschlossenes und geeintes Vorgehen ist es den reichstreuen Kräften gelungen, die Mandatszahl der Sozialisten im Deutschen Reichstage fast zu halbieren. Es hat sich einmal mehr gezeigt, dass sich das deutsche Volk nicht durch plumpe sozialistische Demagogie lenken lässt. Nun kann das Reich weiterhin eine Politik der Bewahrung und Ausdehnung seiner gerechtfertigten Interessen in Afrika betreiben. Es bleibt eine patriotische Pflicht aller deutschen Parteien, den Kampf gegen die aufständischen Hottentotten zu unterstützen.

Seit 1904 erhoben sich in Deutsch-Südwestafrika (dem heutigen Namibia) die indigenen Völker, vor allem die Herero und die Nama gegen die Unterdrückung durch der deutschen Kolonialherrschaft. Nachdem die kleine und schlecht ausgerüstete deutsche Truppe in Südwestafrika den Aufständischen nur wenig entgegenzusetzen hatte, wurde die Kriegsführung einem Expeditionskorps unter Generalleutnant von Trotha übergeben. Von Trotha lies die deutschen Truppen mit äußerster Rücksichtlosigkeit und Brutailtät gegen die einheimischen Stämme vorgehen. Heute sind die Ereignisse, in deren Verlauf 60-80% der Herero-Bevölkerung ausgelöscht wurde als Genozid anzusehen. Auch in Deutschland erhob sich Widerstand gegen das völkermordende Vorgehen der deutschen Truppen in Afrika. In der Parteienlandschaft manifestierte sich dies vor allem bei der SPD und bei Teilen des ZENTRUMs. Durch die Stimmen dieser Parteien kam es zu einem Parlamentsentscheid gegen einen Nachtragshaushalt, mit dem weitere Mittel für den Krieg in Deutsch-Südwestafrika zur Verfügung gestellt werden sollten. Dies führte zur Auflösung des Reichstages durch Reichskanzler von Bülow auf Anweisung von Kaiser Wilhelm II. Wahlplakat zur Reichstagswahl 1907, HottentottenwahlBei den am 25. Januar folgenden Reichstagswahlen erlangte die SPD (mit kleinen Verlusten) zwar den deutlich höchsten Stimmenanteil aller Parteien. Bedingt durch das Mehrheitswahlrecht und geschickte Wahlabsprachen gelang es den an der Fortsetzung des Kolonialkrieges interessierten Parteien aber, die Anzahl der Mandate der SPD auf nahezu die Hälfte des Wertes von vor den Wahlen zu drücken. Als Wahlsieger ging der von-Bülow-Block der Parteien aus der Wahl hervor, die sich hinter Reichskanzler von Bülow geschart hatten und für eine Zustimmung zum Nachtragshaushalt standen. Entsprechend wurde diesem in der Folge zugestimmt. Dem Reichskanzler brachte dies aber wenig Glück. Bereits ein Jahr später verlor er in Folge der Daily-Telegraph-Krise deutlich an Ansehen und mußte 1909 zurücktreten. Der Name “Hottentottenwahl” enstammt der abfälligen Bezeichnung der eingeborenen Völker Namibias als “Hottentotten”.

Abt Siegbert: Gang nach Canossa (25.-28. Januar 1077)

Freitag, den 25. Januar 2008

Auf einmal will er Buße tun – dieser König, der sonst nicht mächtig genug sein kann. Hierher, auf diese zugige Burg hat er uns getrieben, wo wir doch jetzt schon längst die Alpen hätten überwunden haben können. Aber nein, wir mussten Zuflucht bei Mathilde suchen, von der wir nicht vollkommen sicher wissen auf welcher Seite sie nun steht.Heinrich IV vor der päpstlichen Burg Canossa. Bild von Eduard Schwoiser
Dabei wird das alles nur ein hinterhältiger Plan dieses Mannes sein, der sich noch immer König des Heiligen Römischen Reiches nennt. Niemals wird er vor dem Papst zu Kreuze kriechen und Buße tun, dazu müsste er schließlich eingestehen, dass er der weniger Mächtige ist – niemals! Auch wenn er seit heute barfuß und im Büßergewand vor den Toren der Burg steht, kann ich nicht glauben, dass es ihm ernst damit ist!
Hoffentlich lässt Gregor sich nicht auf dieses Schauspiel ein, auch wenn das Wetter unerträglich kalt ist und der Schnee mehrer Zentimeter hoch liegt – so einfach sollte Heinrich nicht davon kommen. Soll er es doch zu spüren bekommen, wie es ist, wenn man es wagt, sich mit der Kirche anzulegen und sich zu diesem Frevel versteigt, den Papst für unwürdig zu erklären und zum Rücktritt vom Stuhle Petri zwingen zu wollen. Zu deutlich klingen seine Worte noch in meinen Ohren, dieses „Steige herab, steige herab!“ werde ich wohl nie vergessen können. Ein paar Frostbeulen an den Füßen hat er sich redlich verdient! Und nicht nur für diese schändliche Tat, sondern auch für seine offensichtlichen Verstöße gegen die Gebote des Papstes müssen bestraft werden, der Bann, den Gregor über ihn gelegt hat, soll ihn bis zu seinem bitteren Lebensende verfolgen.

Vom 25. bis zum 28. Januar des Jahres 1077 stand König Heinrich IV. mehrere Tage lang vor der Burg Canossa im Büßergewand barfuß im Schnee. Papst Gregor VII. hatte sich auf seinem Weg ins Reich in diese Burg der Gräfin Mathilde von Tuszien zurückgezogen, da er einen Angriff des Königs fürchtete. Durch diese Bußhandlung kann Heinrich IV. schließlich erreichen, dass Gregor den über ihn verhängten Bann aufhob.Heinrich IV klopft im Investiturstreit an das Tor der Festung in Canossa. Stahlstich von August von Heyden
Vorausgegangen war dem berühmten Gang nach Canossa die Erkenntnis Heinrichs, dass er die Festigung seiner Position des Königs nur durch die Aufhebung des Banns erzielen konnte, wie es die Reichsfürsten im Oktober 1076 in Trebur von ihm gefordert hatten.
Zustande gekommen war der Kirchenbann durch einen seit langer Zeit schwelenden Streit zwischen Kirche und König, der als Investiturstreit in die Geschichtsbücher eingegangen ist. Der Papst stellte sich gegen die so genannte Laieninvestitur, die besagte, dass weltliche Fürsten kirchliche Ämter vergeben konnten. Dieses Recht sollte nach Auffassung des Papstes aber ausschließlich in den Händen der Kirche liegen. Der König, der Machteinbußen befürchtete, beachtete diese Aufforderung nicht weiter. Die Situation eskalierte schließlich im so genannten Mailänder Bischofsstreit im Jahr 1075. Im Januar 1076 scharte Heinrich IV. auf dem Reichstag im Worms einige gleichgesinnte Bischöfe um sich und verfasste einen Brief an den Papst, in dem er diesen letztendlich aufforderte, sein Amt niederzulegen. Als Legitimation für diese Forderung wurde angeführt, dass Heinrich das Recht habe, den Papst zu ernennen oder zumindest zu bestätigen, dies hatte er jedoch nicht getan. Die Reaktion Gregors VII. folgte umgehend. Auf der Fastensynode 1076 verhängte er den Kirchenbann über Heinrich.