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Gaius Rufus Flavorius, römischer Legionär: Einnahme von Massada (15. April 73)

Dienstag, den 15. April 2008

Warum ist es so still, so schrecklich still? Nur das Geklapper und Geschepper unserer Rüstungen ist zu Hören, immer wieder übertönt vom Krachen des Rammbocks, doch von drinnen kein Laut.
Ist das nicht merkwürdig? Was planen diese jüdischen Aufständischen, wegen denen wir hier schon mehr als ein Jahr unseres Lebens verbringen, weit weg von Frau und Kind. Noch gestern Abend konnte man Stimmengewirr hören, tagsüber wurde Befehle gerufen oder man hörte hier und dort ein Lachen. Doch heute ist alles anders. Nichts ist zu hören, rein gar nichts. Mir ist diese Stille unheimlich.
Schlau sind sie gewesen, diese Aufständischen, sich gerade diesen Ort für ihren Rückzug auszusuchen. Kaum einzunehmen bietet er Schutz vor allem Gefahren dieser Welt. Doch der Ausdauer unserer Anführer ist es zu verdanken, dass wir eine Rampe errichtet haben. Eine Rampe von unvorstellbarer Größe, die nun bis an die Mauern dieser Festung heranreicht. Sie könnte in die Geschichte als eines der Weltwunder eingehen. Was haben wir unter den Steinen und dem Sand geächzt. Ich spüre noch heute die Schmerzen in allen Gliedern meines Leibes.
Immer noch diese Stille. Sind sie womöglich doch noch entkommen? Haben sie einen Geheimgang gegraben und sind feige geflüchtet? Aber auch das nützt ihnen nichts, denn sie werden von den Kameraden am äußeren Ring aufgehalten werden.
Gleich ist es soweit, die Mauer ist kurz vor dem Einsturz. Da es rasselt und kracht. Sie ist durchbrochen, vorsichtig jetzt, damit wir nicht in einen Hinterhalt geraten. Doch was ist das? Sie schicken uns zwei Frauen und fünf Kinder als Unterhändler? Das kann nicht ihr Ernst sein, unser Feldherr wird sie niemals akzeptieren, er wird auch nicht verhandeln, nicht nach all der Zeit. Und immer noch diese unheimliche Stille.
Was spricht sie da – wir sollen ihr Folgen, sie würde uns zu den Männern bringen. Wir sollen uns nicht fürchten? Ha, den werden wir es schon zeigen!
Beim Jupiter, was ist hier geschehen? Ein Blutbad, überall liegen Leichen von Männern verstreut. Welch grausiger Anblick und über allem diese unheimliche Stille.

Die Überreste der jüdischen Festung Massada

Die Festung Massada ist auf einem Hochplateau am südwestlichen Ende des Toten Meeres gelegen. Am Ufer des Toten Meeres erhebt sich das Plateau rund 400 Meter hoch und fällt bis zum anderen Ende auf eine Höhe von etwa 100 Metern ab. Dieses Hochplateau in Form einer Raute war schon seit langer Zeit als strategisch günstiger Punkt für eine Festung erkannt worden.
Herodes I., der König über Judäa, Galiläa und Samarien war, errichtete über einer älteren, kleinen Festung in der Zeit zwischen 40. und 30 v. Chr. einen großen Festungsbau, der zur damaligen Zeit als uneinnehmbar galt. Herodes ließ an den Rändern des Plateaus entlang eine Kasemattenmauer mit fast 40 Türmen erbauen. Innerhalb dieses Mauerrings wurden weitere Gebäude errichtet, zu denen neben Palästen, Unterkünften und Ställen auch Lagerhäuser gehörten, um im Fall einer Belagerung genügend Nahrungsvorräte zur Verfügung zu haben. Außerdem wurden innerhalb der Festung 12 Zisternen angelegt, sodass auch die Trinkwasserversorgung über einen längeren Zeitraum gesichert war.
In der Folge des Großen Jüdischen Krieges von 66 – 70, der mit der Zerstörung des Tempels in Jerusalem endete, wurde die Festung Massada zu einem wichtigen Rückzugsort für die Zeloten, eine paramilitärische Widerstandbewegung der Juden gegen die Römer. Der zeitgenössische Historiker Flavius Josephus spricht von 973 Zeloten, die sich einer Übermacht von 15.000 römischen Legionären gegenübersahen. Trotz dieser gewaltigen Übermacht gelang es den Römern zunächst nicht, die taktisch ideal gelegene Festung einzunehmen.
Etwa ein Jahr lang versuchten sie, die Mauern von Massada zu überwinden. Sie legten eine Belagerungsrampe an, deren Überreste noch heute zu erkennen sind. Diese Rampe reichte bis an die Mauern der Festung und diente den Römern dazu, Rammböcke und andere Belagerungsgeräte in Stellung zu bringen, um die Mauer zu durchdringen. Außerdem zogen sie einen Belagerungsring mit acht Lagern um die Festung, um diese völlig vom Umland abzuschneiden.
Als es den Römern am 15. April 73 schließlich gelang Massada einzunehmen, trafen sie nur noch wenige Frauen und Kinder lebend an. Die übrigen Zeloten hatten sich nach dem Aufruf ihrer Anführers Eleasar ben Ja’ir kurz vor der Einnahme durch die Römer für den Tot entschieden. Durch das Los waren einige Männer gewählt worden, die zunächst ihre Kameraden und anschließend sich selbst töten sollten. In seiner Rede hatte Eleasar ben Ja’ir betont, dass es besser sei frei zu sterben, als in die Gefangenschaft der Römer zu geraten.
Auch wenn diese Überlieferung von Flavius Josephus umstritten ist, hat sie dazu beigetragen, dass Masada für viele Juden zum Symbol für Freiheit geworden ist. So fanden auf der ehemaligen Festung auch lange Zeit die Abschlussmanöver der neuen israelischen Soldaten statt.

Joseph von Antiochia: Rückführung des Heiligen Kreuzes nach Jerusalem (21. März 630)

Freitag, den 21. März 2008
Mein geliebter Sohn,

hier endet mein Weg: In der Stadt, in der auch unser Heiland seinen Tod und seine Wiederauferstehung gefunden hat.
Meine Kräfte haben noch gereicht, um bis nach Jerusalem zu kommen und diesem besonderen Anlass beizuwohnen. Jetzt sind meine Kräfte aufgebraucht und ich werde bald zu unseren Vorvätern gehen.
Aber sei nicht besorgt um Deinen alten Vater. Mein letzter Wunsche wurde erfüllt. Ich konnte am heutigen Tage dabei sein, als das Heilige Kreuz an dem unser Herr Jesu Christ gemartert wurde, heimkehrte in die heiligste alle Städte, nach Jerusalem.
Nicht weit vom Berge Golgatha, wo das Kreuz einst stand und wo sich unser Heiland seinen Geist in die Hände des Vaters gegeben hat, konnte ich mit ansehen, wie die Kreuzreliquie ihren Weg zurückfand.
Zunächst sah man den Triumphzug des Kaiser an die Tore der heiligen Stadt kommen. Der Kaiser trug den goldenen Schrein mit der Reliquie des Kreuzes persönlich an das Stadttor heran. Auf seinem Kopf trug er die Krone Ostroms, er trug mit Gold und Silber durchwirkten Ornat und war reicht mir Perlen geschmückt.
Als er sich aber dem Tor näherte schien ihn irgendetwas aufzuhalten. Er legte all seinen Schmuck und seine Krone ab und mit bloßen Füssen und nur einem leichten Leinengewand bekleidet setzte er seinen Weg fort und trug die Reliquie so in die Grabeskirche, wie dies einst auch Christus unser Herr getan hatte.
Ich werde bald schon meinen letzten Atemzug aushauchen. Aber ich bin nicht bange, denn ganz warm wird es mir ums Herz, wenn ich an die Ereignisse des heutigen Tages zurückdenke.
Du, mein geliebter Sohn Paraklios, bist nun der älteste der Familie. Sei Deinen Brüdern ein Vorbild und Deiner Mutter ein Trost über meinen Tod hinweg. Aber sage ihr, es war nicht vergeblich. In meiner letzten Stunde weilte ich in Jerusalem, der Stadt des Herrn und habe meinen Weg so beendet, wie ich es mir erträumt habe.
Dereinst, ich bin mir sicher im Glauben an unseren Erlöser, werden wir uns alle im himmlischen Jerusalem wiederfinden, vereint an der Tafel des Herrn.

In der Legenda aurea, einer Sammlung von Legenden und Heiligenviten des französischen Dominikanermönches und späteren Erzbischofs von Genua aus dem 13. Jahrhundert finden wir einen Bericht über die Rückführung des Kreuzreliquie durch den byzantinischen Kaiser Herakleios nach Jersualem:
„Der Kaiser war bekleidet mit einem golddurchwirkten Ornat, trug auf dem Kopf die Krone Ostroms, und in den Händen hielt er einen silbernen, gold- und edelsteingeschmückten Schrein, die Reliquie des Heiligen Kreuzes. Doch vor dem Stadttor stoppte plötzlich der feierliche Zug. Irgendetwas hielt den Kaiser auf, vielleicht ein tiefer, innerer Zweifel, und er sagte zu Zacharias: So hat der Heiland sein Holz nicht auf den Berg getragen! Herakleios stieg von seinem Ross, legte sein Prunkgewand und all seinen Schmuck ab und zog selbst die Schuhe aus. Sein ganzer Hofstaat folgte seinem Beispiel. Barfuß und nur mit weißem Linnen bekleidet durchschritt der Kaiser das Tor und trug das Kreuzholz in die heilige Stadt, in die wiederaufgebaute Martyrionskirche. Dort wurde es feierlich in weihrauchhaltiger Luft ausgestellt, damit die Volksmenge es jubelnd verehren konnte.“
Die Rückführung des Kreuzes durch Kaiser Herakleios
Die Kreuzreliquie, die bereits in der Zeit bis zum 4. Jahrhundert als verschollen galt und dann von der Heiligen Helena, Mutter Konstantins des Großen, wiederentdeckt worden sein soll, war 614 durch den Sassaniden-General Farrukhan, genannt Shahrbaraz geraubt worden.
Kaiser Heraklion gelang es, sie nach einem gewonnen Feldzug gegen das Reich der Sassaniden in Persien zurückzugewinnen.
Er führte die Reliquie, wie die aktuelle Forschung vermutet, am 21. März 630 nach Jerusalem zurück und brachte sie wieder in die Grabeskirche auf dem Hügel Golgatha zurück.
Die Grabeskirche in Jerusalem auf einem Photo aus dem Jahr 1905Bis heute ist das Fest der Kreuzerhöhung, das dieses Anlasses und der ersten Auffindung durch Kaisermutter Helena der Reliquie gedenkt, vor allem in der orthodoxen Kirche ein hoher Feiertag, der allerdings am 14. September gefeiert wird.
Die Heilige Helena ist auch aus der Geschichte anderer christlicher Reliquien bekannt. So soll auf sie auch die Auffindung der Reliquien der Heiligen Drei Könige zurückgehen, die durch Kaiser Barbarossa nach Köln gebracht wurden. Auch soll sie den Heiligen Rock, das Gewand, dass Jesus vor seiner Kreuzigung trug, nach Trier gebracht haben, wo sich diese Reliquie bis heute im Dom befindet, genauso wie das angebliche Haupt Helenas.
Der Teil des Heiligen Kreuzes, den Herakleios 630 nach Jerusalem zurückbrachte, ging bereits in der Wirren der moslemischen Eroberung 638 erneut verloren und wurde angeblich 1099 wieder entdeckt, bevor er 1187 wieder an die Moslems verloren wurde.
In der Folgezeit tauchten immer wieder einzelne Splitter auf, die Teile des Wahren Kreuzes sein sollen, die heute in den verschiedensten Kirchen auf der ganzen Welt als Reliquien verehrt werden.
Ihre Echtheit ist allerdings äußerst zweifelhaft, da, würde man alle Kreuzsplitter zusammenfügen, die Menge für mehrere Kreuze ausreichen würde.

(Das Bild mit der Heimführung des Kreuzes durch Kaiser Herakleios stammt aus dem Jahre 1440 aus der Werkstatt von Hans Multscher und ist ein Teil eines Altarflügels, der heute zur Sammlung der Sammlungen der Fürsten von Waldburg-Wolfegg gehört.
Das andere Bild zeigt die Grabeskirche in Jerusalem auf einem Photo aus dem Jahr 1905)