Archiv der Kategorie ‘Deutsche Geschichte‘


Ernst Dieringshofer, Sekretär: Genehmigung der ersten Litfaßsäulen in Berlin (5. Dezember 1854)

Freitag, den 5. Dezember 2008

Jawohl, wird sofort erledigt. Einen Augenblick bitte, ich werde die Abschrift umgehend anfertigen und Ihnen anschließend vorlegen.
Immer diese Eile. Doch es scheint sich um einen wichtigen Beschluss zu handeln, sonst würde der Polizeipräsident nicht soviel Aufmerksamkeit auf dieses Schriftstück verwenden. Vermutlich wurde ihm von diesem Herrn zugesetzt, diesem Verleger, der hier in regelmäßigen Abständen im Präsidium vorbeikommt, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen.
Seine Idee mutet schon seltsam an. Er möchte Säulen in der ganzen Stadt aufstellen, die mit Plakaten beklebt werden sollen. Wozu denn nur? Die Plakate kleben doch längst an allen Wänden und Zäunen, da braucht Berlin nicht auch noch diese Säulen!
Vermutlich hat es dem Herrn Präsidenten nun endgültig gereicht und er hat eine deutliche Ablehnung formuliert. Nun ist es meine Aufgabe sie ins Reine zu bringen, damit sie dem Antragsteller überreicht werden kann.

Nun, das kann ich kaum glauben - aber der Polizeipräsident wird es wirklich zulassen, dass dieser Herr Litfaß seine Säulen in Berlin aufstellen darf. Erfindungen mögen ja eine gute Sache sein, doch in einigen Fällen sollte doch bedacht werden, wie sich eine solche Entwicklung auf das Stadtbild auswirkt. Aber wenn der Herr Polizeipräsident so entschieden hat, wird es schon seine Richtigkeit haben. Also, an die Arbeit…

Der Berliner Drucker und Verleger Ernst Litfaß erhielt am 5. Dezember 1854 vom Berliner Polizeipräsidenten Karl Ludwig von Hinkeldey die Genehmigung zum Aufstellen von 150 so genannten „Annoncier-Säulen“ in der Stadt.
Die erste dieser Säulen wurde am 15. April des Folgejahres in Berlin aufgestellt, am 1. Juli 1855 wurden der Öffentlichkeit dann insgesamt 100 „Annoncier-Säulen“ und 50 Brunnenumhüllungen präsentiert. In den folgenden Jahren ließ Ernst Litfaß weitere dieser Werbesäulen errichten. Der geschäftstüchtige Verleger hatte früh das Potential dieser Werbeträger erkannt und sich rechtzeitig das alleinige Recht auf Plakatierungen in Berlin gesichert, das er bis ins Jahr 1865 inne hatte. Durch diesen geschickten Schachzug sicherte er seinem Betrieb erhebliche Einnahmen.
Der Genehmigung zum Aufstellen der Werbesäulen in Berlin waren jahrelange Verhandlungen vorausgegangen, denn Ernst Litfaß war das in Berlin ständig zunehmende Wildplakatieren ein Dorn im Auge, sodass er den Behörden der Stadt den Vorschlag machte, an zentralen Orten Säulen aufzustellen, an denen Plakate angebracht werden könnten. Als der Polizeipräsident von Berlin im Dezember 1845 schließlich die Genehmigung erteilte, war diese an die Bedingung geknüpft, dass Litfaß nicht nur Werbeplakate publizieren durfte, sondern auch die neuesten Nachrichten aushängen musste.
Der Vorteil dieses neuartigen Mediums lag darin, dass sich die Auftraggeber sicher sein konnten, dass ihre Werbung für einen festgelegten Zeitraum an attraktiven Orten gut sichtbar war und nicht heruntergerissen oder durch andere Plakate überklebt wurde.
Es sollte nicht lange dauern, bis auch in anderen Orten in Deutschland an zentralen Plätzen und Kreuzungen derartige Säulen aufgestellt wurden, die zu Ehren des Berliner Verlegers bald unter der Bezeichnung Litfaßsäule im ganzen Land bekannt wurden. Noch heute gibt es in deutschen Städten mehr als 50.000 Litfaßsäulen, die mit Werbeplakaten beklebt sind oder auf kulturelle Veranstaltungen aufmerksam machen.

Achim Büderich, Stadtschreiber von Xanten: Vertrag von Xanten (12. November 1614)

Mittwoch, den 12. November 2008

Xanten, am 12. November 1614
Am heutigen Tage wurde unser beschauliches Städtchen zu einem bedeutenden Ort, da hier ein bedeutender Vertrag unterzeichnet wurde, der dem Streit um das Erbe Herzog Johann Wilhelms ein Ende bereiten soll.
Wenn auch alle Annäherungen zwischen beiden Seiten in der Vergangenheit scheiterten, besteht nun große Hoffnung, eine Lösung gefunden zu haben, die zu einer endgültigen Beilegung aller Streitigkeiten führt.
Die Zeit wird es zeigen, aber dennoch können wir hier in Xanten und alle anderen Betroffenen voller Hoffnung sein, dass diesem lange schwelenden Konflikt, der sich nicht nur einmal zu einem grenzübergreifenden Krieg auszuweiten schien, nun ein endgültiges Ende bereitet worden ist.

Der Vertrag von Xanten wurde am 12. November 1614 geschlossen und bereitete dem Jülich-Klevischen Erbfolgestreit ein Ende und bewahrte Europa vor einem Krieg.
Ausgebrochen war dieser Erbfolgestreit nach dem Tod Johann Wilhelms, dem letzten Herzog von Jülich-Kleve-Berg, am 25. März 1609. Grundlage für den Streit waren zwei Privilegien. Auf der einen Seite hatte Friedrich III. dem Haus Sachsen die Nachfolge versprochen, sollten die männlichen Erben im klevischen Haus ausbleiben. Karl V. hatte allerdings 1546 festgelegt, dass auch weibliche Nachfolger der Herzöge erbberechtigt seien.
Herzog Wilhelm V. der Reiche von Jülich-Kleve-Berg ließ bei seinem Tod drei Töchter und einen geistig erkrankter Sohn Johann Wilhelm zurück, wodurch das Ende der männlichen Erblinie abzusehen war.
Die drei Töchter, waren noch zu Lebzeiten des Herzogs in die Häuser von Brandenburg, Pfalz-Neuburg und Pfalz-Zweibrücken verheiratet worden. Eine Erbregelung war getroffen, die im Fall des Ablebens ihres Bruders eintreten sollte, doch nach dem Tod des Herzog Johann Wilhelms herrschte Uneinigkeit über eben diese Regelung. Da die nach Brandenburg verheiratete älteste Tochter keine männlichen Nachkommen zur Welt gebracht hatte, erhob das Haus Pfalz-Neuburg Ansprüche auf das Erbe. Beide Seiten stritten sich bereits seit einigen Jahren um die Vormundschaft über den geistig verwirrten Johann Wilhelm.
1591 hatte die Gemahlin Johann Wilhelms einen Landtag in Düsseldorf einberufen, auf dem die territoriale Aufteilung des Erbes geklärt werden sollte. Doch während der Verhandlungen bildeten sich zwei Lager, ein katholisches und ein protestantisches, die beide die Vorherrschaft über das Gebiet forderten.
Als Herzog Johann Wilhelm im März 1609 verstarb, begannen sowohl Brandenburg als auch Pfalz-Neuburg damit Orte im Fürstentum zu besetzen, da beide einen berechtigten Erbanspruch für sich geltend machten.
Die Anordnung Rudolf II, eine gemeinsame Regentschaft unter seiner Aufsicht in Angriff zu nehmen, wurde von beiden Partein missachtet. Vielmehr schlossen sie sich zusammen und vereinbarten Jülich-Leve als gemeinsamen Besitz zu betrachten, bis eine endgültige Lösung gefunden werde. Neben den Gegnern von außen, übten die beiden potentiellen Erben auch gegenseitig aufeinander Druck aus. So kam es zu einer Annäherung des Neuenburgers an der Kaiser und die Lutheraner. Auf internationaler Ebene sorgte dieser Erbstreit ebenfalls für Aufmerksamkeit, so zog der französische König Henry IV. Truppen an der französisch-niederländischen Grenze zusammen, da er ein Eingreifen der Spanier in diesen Konflikt fürchtete.
Trotz dieser schlechten Vorzeichen konnte eine militärische Auseinandersetzung abgewendet werden. Die darauffolgende Zeit war von wechselnden Allianzen und Annäherungsversuchen zwischen den beteiligten Parteien bestimmt. 1613 folgte die unwiderrufliche Spaltung zwischen Brandenburg und Neuburg, da Johann Sigismund endgültig zum Calvinismus übertrat und Wolfgang Wilhelm katholisch wurde. Wolfgang Wilhelm rief Spanien um Hilfe und erhielt diese auch, auf der Seite Johann Sigismund standen u.a. die calvinistischen Niederländer.
Ende August 1614 standen sich schließlich die Heere von Graf Spinola (Spanien) und Prinz Moritz (Niederlande) gegenüber. Letztendlich schreckten beide Seiten eine Wiederaufnahme des spanisch-niederländischen Krieges zurück und Friedensverhandlungen wurden eingeleitet, die am 12. November 1614 im Vertrag von Xanten endeten.
Das Erbe aufgeteilt: Das Kurfürstentum Brandenburg erhielt das Herzogtum Kleve, die Grafschaft Mark und die Grafschaft Ravensberg, während dem Herzogtum Pfalz-Neuburg das Herzogtum Jülich und das Herzogtum Berg zugesprochen wurden.
Der Konflikt im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges, löste beinahe einen Krieg in Europa aus und zeigt damit wie groß die Anspannung in Europa zu dieser Zeit gewesen ist. Territoriale und konfessionelle Aspekte dieser Auseinandersetzung interessierten schließlich nicht nur die direkt beteiligten Parteien, sondern die europäischen Mächte generell..

Engelbrecht Hartmüde: Gründung des Oberlausitzer Sechsstädtebundes (21. August 1346)

Donnerstag, den 21. August 2008

Verehrte Herren der Städte Bautzen, Görlitz, Kamenz, Lauban, Löbau und Zittau! Heute haben wir die große Ehre, den feierlichen Akt der Begründung eines Bundes zu begehen, der unsere Städte in zukünftigen Zeiten vor Bösem bewahren wird, schützend zusammensteht in schlechten Zeiten und auch gute Tage zusammen begehen möchte.
Angeregt durch unseren König haben wir beschlossen, dieses Bündnis ins Leben zu rufen, auf das es viele Jahre bestehen möge und immer nur die besten und ehrbarsten Ziele verfolgen möge. Dank sei unserem König, der uns immer mit Wohlwollen bedacht hat und ebenso wie wir die Gefahr der räuberischen Umtriebe auf dem Land erkannt hat. Wir werden nun dafür eintreten, dass diese Untaten ein Ende finden!
Lasset uns nun diesen freudigen Tag mit diesem Trunk würdigen!

Die Wappen der Städte des Oberlausitzer Sechstädtebundes

Die Städte Bautzen, Görlitz, Kamenz, Lauban, Löbau und Zittau schlossen sich am 12. August des Jahres 1346 zu einem Bund zusammen, der dem Schutz des Landfriedens in der Oberlausitz dienen sollte. Vordergründiges Ziel dieses Schutz- und Trutzbündnisses war es, das Raubritterum einzudämmen. Unter anderem bewirkte dieses Bündnis auch die Stärkung der politischen Macht der Patrizier und Bürger in den Städten gegenüber dem Landesfürsten und dem Landadel.
Angeregt worden war die Gründung des Oberlausitzer Sechsstädtebundes sehr wahrscheinlich durch den deutschen König Karl IV, der versuchte durch diesen Bund ein Gegengewicht zur anwachsenden Macht des Landadels zu schaffen. 1351 erkannte Karl IV. den Sechsstädtebund offiziell an und reiste nur wenige Jahre später (1355) selbst in die Region.
Der Oberlausitzer Sechsstädtebund, der zunächst ein loses Bündnis zwischen den genannten Städten war, entwickelte sich mit der Zeit zu einem festen Zusammenschluss, der bis in das Jahr 1815 Bestand haben sollte, womit er alle anderen deutschen Städtebünde überdauern sollte.
Innerhalb des Bundes gab es eine Zweiteilung innerhalb der beteiligten Städte. Auf der einen Seite standen die wohlhabenderen und mächtigeren Städte Bautzen, Görlitz und Zittau, während auf der anderen Seite die drei kleineren Städte Kamenz, Lauban und Löbau standen. Trotz dieser Zweiteilung waren alle Städte untereinander gleichberechtigt.
„Vorort“ des Bundes war die Stadt Bautzen, was sich darin äußerte dass diese Stadt den Vorsitz führte. Der Grund für diese führende Rolle von Bautzen ist darin zu sehen, dass die Stadt zur Zeit der Gründung des Oberlausitzer Sechsstädtebundes wirtschaftliches und kulturelles Zentrum der Region war. In späteren Jahren sollte diese Rollenverteilung zu Streitigkeiten mit den anderen Bundesgenossen, besonders dem wirtschaftlich potenten Görlitz, führen.
Trotz dieser Zwistigkeiten hielt der Bund fest zusammen und erlebte vor allem in den ersten 200 Jahren seines Bestehens eine Blütezeit. In diesem Zeitraum wurden die beteiligten Städte zur stärksten Macht der Region und dämmten damit die Macht des Landadels deutlich ein.
In Folge des Schmalkaldischen Krieges wurde der Städtebund von König Ferdinand I. Wegen seiner angeblichen untreue bestraft, konnte sich nach einigen Jahren aber wieder erholen.
Das Ende des Oberlausitzer Sechsstädtebundes wurde in Folge des Wiener Kongresses im Jahr 1815 besiegelt, als die Lausitz zwischen Preußen und Sachsen aufgeteilt wurde.
1991 zum 770jährigen Jubiläum von Löbnau wurde der Städtebund wiederbelebt und fungiert seitdem als symbolischer Zusammenschluss, der vor allem in den Bereichen Kultur, Sport und Tourismus aktiv ist.