Archiv der Kategorie ‘Neueste Geschichte‘


Norbert Bloom: Prozess gegen Matthias Lackas (14. März 1944)

Freitag, den 14. März 2008

Schon seit August letzten Jahres zittern mir die Knie, denn damals wurde Matthias Lackas verhaftet, kurz darauf einige Personen aus seinem Umfeld, sodass ich jeden Tag fürchte, dass es auch an meiner Tür mitten in der Nacht klopft und ich zum Verhör abgeholt werde. Schließlich bin ich nicht ganz unwissend was die Geschäfte mit den Papierkontingenten angeht. Immer wenn es darum ging, Dinge zu beschaffen, die es auf dem Markt eigentlich schon längst nicht mehr gab, kam Matthias auf mich zu und nahm meine weitverzweigten Kontakte in Anspruch. Ganz gleich was seine Kunden begehrten, ich wusste Mittel und Wege den feinsten Kaffee, die aromatischsten Zigarren und die glänzendsten Nylonstrümpfe zu beschaffen und sie auf sichere Weise ins Reich zu schmuggeln. Sehr begehrt waren auch immer die großen Weine aus Frankreich, die ich durch meine guten Kontakte zu beschaffen vermochte.
Doch heute frage ich mich, ob es das Risiko wert war. Zu viel ist in letzter Zeit geschehen, zu viele Bekannte und Kontaktpersonen sind auf unerklärliche Weise von der Bildfläche verschwunden, manche haben sich auch einfach zurückgezogen, weil ihnen die Geschäfte nicht mehr sicher genug erschienen.
Heute soll nun der Prozess gegen Matthias und einige andere Eingeweihte beginnen, für mich ist es nun höchste Zeit meine Kontakte zu nutzen und einen Aufenthalt in der Schweiz zu arrangieren, dort bin ich noch nicht ganz von der Bildfläche verschwunden und kann meine Geschäfte, zumindest in gewissem Umfang weiter betreiben, gleichzeitig bin ich aber nicht mehr in der unmittelbaren Reichweite der Ankläger, sodass ich mich nicht mehr jede Nacht unruhig und nervös von einer Seite zur anderen drehen muss, auf der Straße nicht vor jedem Schatten zurückschrecke und wieder ein normales Leben führen kann.

Gerichtsdokument des Zentralgericht des Heeres - fikitv, kein Originaldokument

Am 26. August 1943 wurde der Buchhändler und Verlagsvertreter Matthias Lackas festgenommen, da Korruptionsvorwürfe gegen ihn erhoben worden waren.
Lackas wurde zusammen mit einigen Wehrmachtsangehörigen verdächtigt illegale Geschäfte mit Wehrmachtsstellen getätigt zu haben. Im Laufe des Verfahrens, das bis zum 22. April 1944 andauerte wurden außerdem Verdächtigungen gegen den Verlag C. Bertelsmann aus Gütersloh laut, die besagten, dass Bertelsmann über Lackas gegen die Bestimmungen zum Buchverkauf an die Wehrmacht verstoßen hatte. In diesem Zusammenhang wurden im Januar 1944 einige Angestellte des Gütersloher Verlages festgenommen.
Der Prozess, der nicht nur gegen Lackas, sondern auch gegen zwei seiner Mitarbeiter – Karl Heinz Moldt und Eberhard Ritter von Riewel, geführt wurde, fand vor dem Feldgericht der Werhmachtskommandantur statt und wurde als Geheimprozess behandelt. Den drei Angeklagten wurde zur Last gelegt, sich an den Buchgeschäften des Heeres und der Luftwaffe privat bereichert zu haben. Am 24. April 1944 wurde Matthias Lackas zum Tode verurteilt, gegen die beiden Mitangeklagten wurden Freiheitsstrafen verhängt.
Ein Gnadengesuch für Lackas, das seine Schwester stellte, wurde abgelehnt, ein vom Verurteilten persönlich gestelltes ebenso. Ein Grund für die Ablehnung der Begnadigung ist darin zu sehen, dass Lackas im Folgeprozess gegen den Verlag C. Bertelsmann erneut verhört werden sollte.
Anfang 1945 wurde Matthias Lackas in einem Sammeltransport an die Ostfront geschickt. In der Umgebung von Pilsen, das in dem Moment bombardiert wurde, ließ das Begleitpersonal die Gefangenen frei, sodass sich Lackas in den Westen begeben konnte, wo er in die Gefangenschaft der Amerikaner geriet.
Nach dem Krieg konnte Lackas wieder im Verlagswesen arbeiten und gründete den Perlen-Verlag, der 1963 in Südwest-Verlag umbenannt wurde. 1968 starb Matthias Lackas an Krebs.
In Kontakt mit der Wehrmacht war Matthias Lackas 1941/42 gekommen, als er zum Geschäftsführer der Versandbuchhandlung Arnold in Berlin, einem Unternehmen des Deutschen Verlags ernannt wurde. In dieser Stellung bot er der Wehrmachstdienssttelle unter Heinrich Schepelmann, dem Leiter für das Referat Luftwaffenbüchereiwesen in der Wehrbetreuung, Berlin, die Zusammenstellung kompletter Lazarett-Büchereien an. Das Problem in diesem Angebot lag darin, dass Schepelmann und Rolf Roeingh, der Gründer des Deutschen Archiv Verlags befreundet waren, und Schepelmann unter Korruptionsverdacht geraten wäre, hätte er die benötigten Bücher ausschließlich über den Verlag des Freundes bezogen. Dieses Problem löst Lackas, in dem er öffentliche Dienststellen dazu bewegt, ihre Buchbestellungen bei verschiedenen Verlagen über die Buchhandlung Arnold abzuwickeln. Zuvor hatte Lackas mit den betreffenden Verlagen günstige Konditionen ausgehandelt. Um die öffentlichen Dienststellen zu einer langfristigen Zusammenarbeit zu bewegen, versorgt er diese mit Waren vom Schwarzmarkt oder aus dem Ausland wie zum Beispiel Kaffee und Zigaretten.
Mitte des Jahres 1942 kommen erstmals Korruptionsvorwürfe gegen Lackas auf, die letztendlich im Dezember desselben Jahres zum Bruch mit dem Deutschen Verlag führten. Die folgende Einberufung an die Front kann unter anderem durch Schepelmann verhindert werden. Lackas wechselt in der Folge zum Deutschen Archiv Verlag. Anschließend wurde eine komplizierte Abmachung zwischen Schepelmann, Roeingh und Lackas zur weiteren Buchversorgung der Luftwaffe geschlossen. Es wurde unter anderem vereinbart, dass Rabatte, die verschiedene Verlage wie z.B. Bertelsmann gewährten nicht an die Luftwaffe weitergegeben werden sollten, sondern in die Taschen der Beteiligten flossen, indem die Luftwaffe die Bücher über Lackas weiterhin zum Handelspreis kaufte.
Im Laufe der Zeit kommt es zu Komplikationen zwischen Lackas und dem Deutschen Verlag, die schließlich dazu führen, dass Anfang 1943 die Reichsschrifttumskammer eingeschaltet wird.
Nachdem Walter Pinskis verhaftet und verhört wurde, mit dessen Dienstelle Lackas in seiner Zeit beim Deutschen Archiv Verlag zusammengearbeitet hatte, wurde die Verhaftung von Matthias Lackas eingeleitet.

Häuptling Grey Eagle: Einweihung des Mount Rushmore National Memorial (3. März 1925)

Montag, den 3. März 2008

Der weiße Mann stört unsere Gebete zu Wakan Tanka, dem großen Geist, erneut. Der Respekt vor der Erde, der Natur, der Welt an sich ist für den weißen Mann etwas Fremdes. Er bewegt sich nicht im Einklang mit der Natur, sondern nimmt sich was ihm richtig und bedeutsam erscheint, ohne auf Zeichen zu achten – diese erkennt er meist nicht, da er nie gelernt hat, sie zu beachten und zu lesen.
Ohne Rücksicht haben sie die Mutter Erde verletzt, haben nicht mit den Steinen gesprochen, sondern ihre spitzen Geräte in ihn hineingerammt, sogar große Löcher hineingesprengt. Das Gleichgewicht wird für immer verletzt, denn in den heiligen Bergen ist nun nichts mehr wie es einmal war. Die Ratschläge unseres Volkes wurden missachtet, nur unwillig überhaupt angehört und als Spinnerei des roten Mannes abgetan. So wie es in der Vergangenheit oft geschehen ist, das Wort des roten Mannes gilt in den Ohren des weißen Mannes nichts. Ein Gruppe Sioux-Indianer in einem Gemälde von Charles Deas
Viele Männer werden in der Zukunft kommen, um zu sehen was der weiße Mann, der sich John Gutzon de la Mothe Borglum nennt schaffen wird, und sie werden dabei die Ruhe der heiligen Berge stören. Meine roten Brüder werden weiter zurückgedrängt und können ihre Gebete zu Wakan Tanka nicht mehr dort sprechen, wo sie es seit Urzeiten getan haben. Der weiße Mann hat sich einmal mehr als Herrscher des Landes gezeigt, das er nicht zu schätzen weiß.

Das Mount Rushmore National Memorial ist eine Gedenkstätte in den Black Hills im Bundesstaat South Dakota in den USA. Die Gedenkstätte zeigt die überlebensgroßen Porträts (ca. 18 Meter groß) vier bedeutender amerikanischer Präsidenten: George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt und Abraham Lincoln (von links nach rechts). Diese vier Präsidenten wurden vom Bildhauer ausgewählt, der in ihnen die bedeutendsten Personen zur Ausweitung des Landes und zur Schaffung und Erhaltung der Demokratie sah. Damit wird das Mount Rushmore National Memorial zu einer Gedenkstätte für die ersten 150 Jahre der USA.Mount Rushmore
Eingeweiht wurde das Mount Rushmore National Memorial am 3. März 1925, rund zwei Jahre später nahm der amerikanische Bildhauer John Gutzon de la Mothe Borglum die Arbeit an den Präsidentenportraits auf, die er bis zu seinem Tod im Jahr 1941 fortsetzte. Die Vollendung seines Werks, die noch sieben Monate in Anspruch nehmen sollte, lag damit in den Händen seines Sohnes Lincoln Borglum.
Die Arbeit des Bildhauers wurde von fast 400 Arbeitern unterstützt, die nach seinen Anweisungen den Granit des Berges mit Werkzeugen und Sprengstoff bearbeiteten.
Ursprünglich initiiert wurde das Monument am Mount Rushmore, um den Tourismus in den Black Hills anzukurbeln. Seit der Vollendung des Monuments, kommen Jahr für Jahr 2-3 Millionen Besucher an den Mount Rushmore, um sich dieses Dokument nordamerikanischer Geschichte anzuschauen.
Bei den Lakota, einem Stamm der Sioux, zu denen auch die Stämme der Dakota und Nakota gehören, stieß das Monument auf wenig Gegenliebe, da sie es als Entweihung ihres heiligen Berges ansahen. Bei den Lakota-Sioux war dieses Berg als Six Grandfahters bekannt, ehe er 1885 nach einem berühmten New Yorker Juristen namens Charles E. Rushmore benannt wurde.

Anonym: Reichstagsbrand (28. Februar 1933)

Mittwoch, den 27. Februar 2008

Es brennt! Es brennt! Ich sehe den Schein der Flammen, das Leuchten, die Wärme. Ist das nicht wunderbar? Ach wie herrlich es lodert! Da, ich höre ein Fenster zerspringen – klirr – noch eins – klirr, klirr, jetzt gleich zwei! Hah!
Und das Knarzen des Gebälks, wie ein Schrei des Holzes, dass sich nicht mehr gegen die Hitze, gegen diese wunderschön lodernden Flammen wehren kann!Reichstagsbrand am 28. Februar 1933
Bald wird noch mehr brennen, hier in Deutschland, noch mehr Scheiben werden klirren und nicht nur das Holz wird schreien, nein auch die Schreie der Menschen werden durch die Straßen gellen.
Ich höre sie schon. Sie schreien. Sie schreien immer lauter – wie der Stein, der birst in diesem Gebäude.
Es brennt!
Ist sie nicht wunderbar, diese Wärme, diese Hitze, die von da drüben ausgeht?
Und diese Flamme wird das ganze Reich erfassen.
Bald werden auch die Feinde Deutschlands brennen.
Ich habe es begonnen und es wird erst enden, wenn keiner mehr da ist, keiner, der uns ein Feind ist!
Ja, auch sie werden brennen!
Ich, ich, ich – ja, ich gebe den Auftakt.
Und der arme Tropf, den sie dafür anklagen werden! Hah! Ich habe kein Mitleid. Es trifft sicher schon den richtigen.
Alles zum Wohle des Vaterlandes. Ein Feuerchen, das Reich zu nähren.
Klirr, da ist es wieder, das Zerbersten der Fensterscheiben. Hach ist das nicht wunderbar?
Bald werden sie büßen! Die Kommunisten! Ich habe dafür gesorgt! Für das Vaterland! Das Vaterland muss brennen vor Hass gegen alle Feinde.
Klirr, Klirr, Klirr. Wie herrlich, diese Hitze! Spürt IHR SIE AUCH?
Es brennt! Wie schön. Aber nun ist es soweit, ich muss den Verdacht auf andere lenken. Habe mich lange genug ergötzt an diesem wunderbaren Anblick!

Feuer, Feuer, Feuer!!!
Schnell! Der Reichstag brennt! Schnell der Reichstag brennt!
Die Kommunisten waren es, ja ich habe gesehen! Die Kommunisten waren es!

In der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 brannte in Berlin das Reichstagsgebäude.
Marinus van der Lubbe Noch am Ort des Geschehens wurde der junge Kommunist Marinus van der Lubbe festgenommen.
Die Täterschaft des damals 24 jährigen Niederländers war und ist umstritten, zumal die Nationalsozialisten den Brand des Reichstags zum Anlass nahmen noch am 28.2. die Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat durch Reichspräsident Hindenburg zu erwirken.
Durch diese wurden viele Bürgerrechte radikal beschnitten so z.B. das Recht zur freien Meinungsäußerung und die Pressefreiheit. Die Verordnung, die einen weiteren Schritt zu Hitlers kompletter Machtergreifung bedeutete, bildete auch eine der Grundlagen für die Gleichschaltung und Zentralisierung des Deutschen Reiches.
Darüber hinaus diente sie als Vorwand, gegen die deutschen Kommunisten, deren Reichtagsmandate nur wenige Tage nach dem Erlass der Verordnung ungültig wurden, und andere missliebige politische Gruppierungen, vorzugehen,
Eine Erweiterung der Verordnung führte in der Folge zur weiteren Einschränkung der Grundrechte, am Ende zu ihrer gänzlichen Untergrabung.
Der Brand des Reichstags kam, wie sich leicht sehen lässt, den Nationalsozialisten sehr gelegen – und somit läge es nahe, van der Lubbe nur als Opfer zu sehen.
So war dies auch bis in die 60er Jahre hinein die vorherrschende Meinung der deutschen Geschichtsforschung.
In der Folge kamen aber auch diverse Historiker zu der Schlussfolgerung, van der Lubbe könnte doch ein Einzeltäter gewesen sein, was in den Jahren danach zu einer deutlich emotional geprägten Debatte führte.
Bis heute ist die Diskussion über die Täterschaft noch nicht beendet und die Theorien, die für eine Brandstiftung der Nationalsozialisten sprechen sind im Ergebnis nicht stichhaltiger als die, die die Täterschaft van der Lubbe zusprechen.
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob man durch weitere Untersuchungen zu einem eindeutigen Ergebnis kommen kann, oder ob die Frage nach dem Brandstifter des Reichstags für immer ein Rätsel der Geschichte bleiben wird.