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Ticker-Eilmeldung: Verhaftung des SRP-Bundestagsabgeordneten Franz Richter (20. Februar 1952)

Mittwoch, den 20. Februar 2008

Das Bundeshaus, 1949 Sitz des Deutschen Bundestages. Copyright Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bestand Hehmke-WintererSRP-Bundestagsabgeordneter Dr. Franz Richter festgenommen +++ Wurde als NS-Verbrecher Fritz Rößler enttarnt +++ Festnahme während Bundestagsdebatte +++ Widersetzte sich der Verhaftung nicht +++ Immunität zuvor aufgehoben +++ Anklageerhebung in Kürze +++ Eingeleitetes Verbotsverfahren gegen SRP wird fortgesetzt +++ Entscheidung im Herbst erwartet

Dr. Franz Richter war der Tarnname des NS-Kriegsverbrechers Fritz Rößler, der zunächst als Schulungsleiter, dann als Gauhauptstellenleiter und schließlich 1945 im Reichspropagandaministerium für das NS-Regime tätig war.
Nach dem Krieg legte er sich den eingangs erwähnten Tarnnamen zu und blieb zunächst unentdeckt.
Ihm gelang es sogar im Rahmen seines beruflichen Neuanfanges nach 1945 als Lehrer in den Schuldienst eingestellt zu werden, wo er allerdings schon recht früh wegen seiner rechtsradikalen Gesinnung auffiel und nach mehrfachen entsprechenden Äußerungen suspendiert wurde.
Prozentuale Stimm- und Sitzverteilung der Bundestagswahl von 1949
Er war auch als Politiker für die DKP-DRP (Deutsche Konservative Partei – Deutsche Rechtspartei) tätig und zog für diese am 14. August 1949 in den Deutschen Bundestag ein – zwei Wochen später wurde er als Nachfolger von Adolf von Thadden Vorsitzender der Partei in Niedersachsen.
Im Zuge des Zusammenschlusses der DKP-DRP mit der NPD (Nationaldemokratische Partei, nicht zu verwechseln mit der heutigen NPD) zur DRP (Deutsche Reichspartei) verließ er die Partei und trat der SRP bei, einer Absplitterung der DKP-DRP, deren Mitgliedern selbst das extremistische Gedankengut der DKP-DRP/DRP nicht weit genug ging, und saß fortan für diese im Bundestag.
Das Vorhandensein rechtsextremer Parteien im Bundestag nach den Wahlen von 1949 resultierte daraus, dass die 5%-Klausel erst zu den Wahlen des Jahres 1953 eingeführt wurde. So waren nach der Wahl von 1949 im Deutschen Bundestag 10 Parteien vertreten, darunter extremistische Parteien sowohl von rechts wie von links. Hierunter fanden sich sowohl die KPD als auch die DKP-DRP und nach deren Zersplitterung dieser eben auch die SRP.
Die SRP sah sich selbst in der Nachfolge der NSDAP und pflegte ein ähnliches Gedankengut. So fanden sich in ihrem Parteiprogramm Inhalte wie die Feststellung der „Notwendigkeit der Lösung der Judenfrage“ und die „Treue zum Reich“.
Ihre Machtbasis hatte die SRP in Niedersachen, wo es ihr bei den Landstagswahlen 1951 gelang, 11% der Stimmen zu bekommen. In einigen Wahlkreisen übersprang sie dabei sogar die 20%-Marke und in Verden wurde sie stärkste Partei.
Zum Zeitpunkt der Enttarnung und Verhaftung Rößlers war bereits ein Parteiverbostverfahren gegen die SRP eingeleitet worden, das mit dem Verbot der Partei und aller ihr nahestehenden Organisationen, dem Mandatsverlust aller ihrer Mitglieder, dem Einzug aller finanziellen Mittel der Partei und dem Verbot der Gründung einer Ersatzorganisation endete.
Bis heute ist das Verbot der SRP eines von nur zwei Parteiverboten in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Dem Verbot der faschistischen SRP folgte 1956 das Verbot der linksextremen KPD (Kommunistische Partei Deutschlands).
Rößler selbst macht nach der Abbüßung einer Haftstraße von 18 Monaten später noch als Redner auf faschistischen Kongressen von sich reden, so auf denen der „Europäischen Sozialen Bewegung“, einer Vereinigung internationaler faschistischer Gruppierungen, die 1951 unter Führung der italienischen MSI gegründet worden war – der sich bis zum Beginn der 90er Jahre offen zum Faschismus bekennenden Vorgängerpartei der Alleanza Nazionale, die unter Silvio Berlusconi zweimal als Koalitionspartner in die italienische Regierung einzog (1994 und 2001-2006).

Franz-Gustav Adler: Sportpalastrede Joseph Goebbels’ / “Wollt Ihr den totalen Krieg?” (18. Februar 1943)

Montag, den 18. Februar 2008

„… über alles in der Welt“. Ja, JA, JAA, wir stehen zusammen. Dieses Land erwacht. Wir alle wollen den totalen Krieg. Nun bricht der Sturm los und niemand kann ihn mehr aufhalten.
Auch ich werde dafür einstehen.
Welche ein Bild. Tausende Menschen im diesem Saal jubeln wie ein Volk, wie ein Mann für unser Reich für unseren Führer.
Die Lage ist schwierig, aber wenn wir zusammenstehen, dann ist der Sieg nicht mehr fern. Mit dem totalen Krieg werden wir in kürzester Zeit den Sieg erringen.
Ja! Ich glaube wie der Führer an den endgültigen Sieg unserer Waffen!
Und ich werde alles geben, was nötig ist um die Bolschewiki und die Engländer zu schlagen. Sollen sie noch so oft behaupten, dass deutsche Volk sei des Kämpfens müde. Wir sind es nicht. Und wir werden es nie sein! Wir vertrauen dem Führer! Mit meiner ganzen Kraft stehe ich für diesen Krieg ein.
JA!!! Ich will den totalen Krieg! Die Menschen um mich herum auch. Der Sieg ist nah, der Krieg und der Sieg, beide werden total sein!
Ja! Das Volk steht auf und der Sturm bricht los!

Am 18. Februar 1943 hielt der Propagandaminister des Deutschen Reiches, Joseph Goebbels, seine in die Geschichtsbücher eingegangene Sportpalastrede.
Vor allem die Frage an die 10.000 Zuhörer: „Wollt Ihr den totalen Krieg“ beantwortet von einem lauten einhelligen „Ja“ ist im Gedächtnis der Menschen haften geblieben.
Dass die Veranstaltung und der angeblich spontane Jubel in Wirklichkeit größtenteils inszeniert waren, war 1943 natürlich nicht bekannt.
Die Rede, die kurz nach der verheerenden Niederlage der deutschen Armee in der Schlacht von Stalingrad die Deutschen wieder motivieren sollte und von Hasspropaganda vor allem gegen England, die Sowjetunion und das Judentum strotzte, bestand in der Hauptsache aus zehn rhetorischen Fragen, von denen die nach dem „totalen Krieg“ die bekannteste ist. Alle Fragen wurden vom Publikum mit einem frenetischen „Ja“ beantwortet. Die Rede endete mit der Absingung der ersten Strophe des Deutschlandliedes.
Damit hatte das Nazi-Regime die Grundlage für den weiteren Krieg geschaffen und die Zustimmung auf die Fragen während der Rede konnte als Anlass genommen werden, von den deutschen Bürgern noch mehr Anstrengungen einzufordern, größere Bevölkerungsschichten an die Front zu schicken und weitere Unrechtsmaßnahmen zu ergreifen.
Das Ergebnis war, dass in der Folge der Krieg mit noch größerer Menschenverachtung auch des eigenen Volkes geführt wurde und die Opferzahlen weiter massiv anstiegen. So überstiegen die Opferzahlen in den zwei Jahren Krieg, die auf die Rede folgen sollten, die der Vorjahre nochmals deutlich.
Die Niederlage, die zu diesem Zeitpunkt für die Führung schon absehbar war wurde nur herausgezögert und dieser Zeitgewinn mit dem Blut von Millionen Menschen in Europa und der Welt erkauft.
Die Begrifflichkeit vom „totalen Krieg“ geht allerdings nicht auch Goebbels zurück.
Die Idee, die dahinter steckt, findet sich schon im Ausdruck vom „absoluten Krieg“, den der preußische General und Militärtheoretiker Carl von Clausewitz in den 20er und 30er Jahren des 19. Jahrhunderts prägte. Er verstand darunter die Ausrichtung aller staatlichen Mittel alleine auf den Krieg.
Auch im Ersten Weltkrieg findet sich in Veröffentlichungen der französischen Zivilbehörden der Ausdruck „la guerre totale“, mit dem eine Mobilisierung aller Kräfte der Nation erreicht werden sollte.
Später sollte mit dem Begriff vor allem darauf abgezielt werden, bei der Vorbereitung auf einen Krieg über die Grenzen der üblichen Mobilmachung hinauszugehen und so finden sich die Ideen eine „totalen Krieges“ auch bei englischen und italienischen Militärs.
In den deutschen Sprachgebrauch fand der Terminus schließlich bei Erich Ludendorff wieder Einzug.
Ludendorff, der im Ersten Weltkrieg führendes Mitglied der Obersten Heeresleitung gewesen war, veröffentlichte 1935 eine Denkschrift unter dem Titel „Der totale Krieg“. Diese hatte mit den begrifflichen Ursprüngen bei von Clausewitz aber nur noch den Begriff selbst gemein, in der Ideologie und in der zugrundeliegenden Theorie widersprach Ludendorff Clausewitz gezielt, hatte dieser doch auch immer die Meinung geprägt, der „Wirkliche Krieg“ müsse in seinem Ausmaß immer unter dem „Absoluten Krieg“ bleiben.

Tagebuch eines Frontsoldaten: Kapitulation der 6. Armee unter Generalfeldmarschall Friedrich Paulus in Stalingrad (31. Januar 1943)

Donnerstag, den 31. Januar 2008

23. August 1942
Der Himmel war schwarz vor deutschen Bombern. Solch einen gewaltigen Luftangriff werden die Russen sicher nie vergessen. Stalingrad liegt in Schutt und Asche. Nicht mehr lang und wir werden die Stadt hinter uns lassen, um weiter in den Osten vorzudringen.
22. September 1942
Nun halten sich die Kommunisten schon fast einen Monat und es hat nicht den Anschein, als ob wir sie heute noch aus der Stadt vertreiben würden. Doch immerhin scheint es gelungen zu sein am heutigen Teil den Süden der Stadt endgültig zu besetzen.
1. November 1942
Langsam aber sicher schwinden unsere Kräfte. Zahlreiche Kameraden sind bei Straßengefechten gefallen – unsere Reihen lichten sich deutlich. Hoffentlich erhalten wir bald Verstärkung.
Soldaten bei der Schlacht von Stalingrad
23. November 1942
Wir sind eingekesselt. Die Rote Armee hat den Ring um die Stadt geschlossen. Hoffentlich tüfteln die Oberen einen schlagkräftigen Plan aus, um uns aus dieser misslichen Lage zu befreien, denn lang werden wir es in diesem Trümmerhaufen nicht aushalten.
5. Januar 1943
Hunger, so unerträglich. Meine Gedanken kreisen fast ununterbrochen um etwas zu essen. Was würde ich nicht alles für ein Stück Brot geben. Viele meiner Kameraden sind in den letzten Tagen von uns gegangen. Dabei wurden sie nicht Opfer russischer Angriffe, sondern sind elendig verhungert. Holt uns doch endlich hier raus! Wo bleibt die Verstärkung, die Befreiungsarmee, sie muss doch schon vor den Toren der Stadt stehen und den russischen Kessel endlich durchbrechen.
31. Januar 1942
Gestern habe ich gehört, dass Generalfeldmarschall Paulus die Lage als aussichtslos bezeichnet haben soll und heute hat er tatsächlich kapituliert. Was wird jetzt aus mir? Werde ich noch jemals dazu kommen, hier ein paar Zeilen zu notieren?

Die Schlacht von Stalingrad (heute Wolgograd) gilt als Wendepunkt des Zweiten Weltkriegs. Begonnen hatte die Schlacht mit dem Angriff der 6. Armee auf Stalingrad, sie endete mit der Niederlage der eingekesselten deutschen Truppen, womit gleichzeitig das Vordringen der deutschen Armee nach Russland gestoppt worden war.
In dieser Schlacht, die zu den größten des Zweiten Weltkriegs zählt, wurden rund 700.000 Menschen getötet, zu den Opfern zählten sowohl Soldaten als auch Zivilisten. Deutsche Soldaten in Stalingrad auf dem Weg in die Kriegsgefangenschaft
Ziel der Deutschen war es mit der Einnahme der Stadt Stalingrad einen wichtigen Nachschubweg zu unterbrechen. Vor allem der Wasserweg über die Wolga, an der die Stadt gelegen ist, war von strategischer Bedeutung, da über die Wolga vor allem Rüstungsgüter aus den USA transportiert wurden. Außerdem sollte durch die Einnahme der Stadt an der Wolga das weitere Vordringen der Wehrmacht in den Kaukasus abgesichert werden, um an die dortigen Ölfelder zu gelangen.
Der Angriff auf Stalingrad erfolgte unter dem Befehl des Generaloberst Friedrich Paulus (kurz vor der Kapitulation wurde er zum Generalfeldmarschall ernannt). Er hatte den Befehl über die 6. Armee sowie über Teile der 4. Panzerarmee. Am 23. August 1942 erfolgte ein Luftangriff der Deutschen zu hohen Verlusten auf Seiten der Russen, unter den Opfern waren zahlreiche Zivilisten, da Stalingrad auf Befehl Stalins nicht evakuiert worden war. In der Stadt fanden in der Folge zähe Kämpfe statt, nicht nur um einzelne Straßenzüge oder Häuserblocks, sondern um einzelne Häuser, teilweise sogar um einzelne Wohnungen. Dennoch konnten die deutschen Truppen im November die stark zerstörte Stadt an der Wolga zum größten Teil unter ihre Kontrolle bringen. An diesen deutschen Erfolg schloss sich die russische Gegenoffensive an, die zu einer Rückeroberung Stalingrads durch die Russen führte. Bei der so genannten Operation Uranus, gelang es den Russen, einen Ring um die Stadt zu legen und die Deutschen auf diese Weise einzukesseln. Seit dem 22. November 1942 war Stalingrad vollständig von russischen Truppen eingekesselt und die deutschen Truppen damit von Nachschub bzw. Verstärkung abgeschnitten. Die Heeresgruppe Don versucht im Dezember in der Operation Wintergewitter nach Stalingrad vorzudringen, scheitert aber, sodass Hitler schließlich alle Versuche, den Kessel zu durchbrechen, untersagt. Als Paulus am 08.Januar 1943 auf Befehl Hitlers ein Ultimatum zur Kapitulation verstreichen lässt, beginnen die Russen mit der Einnahme der Stadt. Am 30. Januar erkennt Paulus die Ausweglosigkeit der Lage und teilt Hitler mit, dass der Zusammenbruch innerhalb von 24 Stunden zu erwarten sei. Am 31. Januar 1943 muss der Südteil der eingeschlossenen Truppen unter Generalfeldmarschall Friedrich Paulus kapitulieren. Am 2. Februar stellten auch die restlichen noch verbliebenen Truppenteile im Norden der Stadt die Kampfhandlungen ein.
Durch die großen Verluste, die beide Seiten in dieser Schlacht zu beklagen hatten, ist die Schlacht von Stalingrad zum Sinnbild des Schreckens des Krieges geworden.

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