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Edward Harning, Berater der britischen Delegation: Die Erklärung von Jalta (11. Februar 1945)

Montag, den 11. Februar 2008

Was haben wir heute getan?
Brauchen wir wirklich den Teufel, um Satan auszutreiben? Müssen wir uns auf diesen Pakt einlassen, um der Welt wieder Frieden zu bringen?
Vielleicht wäre es doch eine bessere Entscheidung, von Berlin direkt bis nach Moskau weiter zu marschieren. Aber die Welt ist des Krieges müde. Und wir sind es auch.
Aber ist es das wert? Wir opfern die Völker Europas auf dem Altar des Sieges und Stalin lacht sich dabei ins Fäustchen.
Wir liefern die Polen, die Tschechen, die Ungarn, die Rumänen, die baltischen Völker und die Bulgaren der Willkür des einen Diktators aus, nachdem wir sie von der tödlichen Unterdrückung des anderen befreit haben.
Aber etwas anderes war wohl nicht zu erreichen. Wenigstens Italien und Griechenland, in Teilen auch Jugoslawien, konnten wir vor den Klauen der Kommunisten bewahren. Churchill, Roosevelt, Stalin bei der Konferenz von Jalta Wohin wird uns das führen? Zu einem neuen Krieg? Schon bald? Gibt es uns nur eine Atempause, bevor wir nach der Fratze des Faschismus auch der des Kommunismus werden begegnen müssen? Wohin führt das die Welt? Und macht es wirklich einen Unterschied, ob man die Mordanstalten und Folterorte KZ oder Gulag nennt?
Aber es muss sein. Wenn wir Stalin nicht wenigstens etwas geben, diesen Schutzpuffer, wie er es nennt, der aber nichts mehr sein wird, als ein Ring sowjetischer Satellitenstaaten, dann wird es keinen Frieden geben. Noch nicht einmal für eine kurze Zeit.
Wohin wird uns das führen? Die Todesmaschinerie der Deutschen wird bald von den Schultern Europas genommen sein.
Aber um die eine Hälfte wirklich zu befreien, geben wir die andere Hälfte einer neuen Unterdrückung hin. Sehenden Auges, ohne es ändern zu können.
Die Geschichte möge uns vergeben.

Mit der Erklärung von Jalta wurde am 11. Februar 1945 auf der Konferenz von Jalta die zukünftige Aufteilung der Interessensphären in Europa und Asien, nach dem zu erwartenden Sieg über die Mittelmächte um Deutschland und Japan, zwischen den westlichen Alliierten und der Sowjetunion beschlossen.
Darüber hinaus wurden die Besatzungszonen in den besiegten Staaten festgelegt.
Der Beschluss, der Polen, die Tschechoslowakei und die baltischen Staaten an Stalin fallen ließ, ergänzte die Bestimmungen der Moskauer Konferenz vom 9. bis 20. Oktober 1944, in der die Aufteilung für die Staaten Südosteuropas festgelegt worden war. Darin waren Rumänien, Bulgarien sowie weitestgehend Jugoslawien und Ungarn der sowjetischen Interessenssphäre zugeschlagen worden, wohingegen es unter großen Bemühungen gelungen war, Italien und Griechenland vor dem kommunistischen Zugriff zu bewahren. Das geteilte Europa nach dem 2. Weltkrieg Darüber hinaus traf man Entscheidungen hinsichtlich der Entscheidungsgremien der nach dem Krieg zu gründenden Vereinten Nationen, insbesondere die Zusammensetzung der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates und ihre Vetorechte betreffend. Eine Festlegung, die bis heute Gültigkeit hat.
So wurden in der Erklärung von Jalta bereits die Frontlinien des Kalten Krieges vorgezeichnet, die die Welt bis 1990 in ihrem Griff haben sollten. Außerdem diente sie als Legitimierung der Suprematie der Sowjetunion über die osteuropäische Staatenwelt und in gewisser Weise auch als Legitimitätserklärung der anderen Mächte für die kommunistischen Diktaturen und Gewaltherrschaften der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Es ist aber auch festzuhalten, dass ohne die Zusammenarbeit der Alliierten, auch in den Konferenzen von Jalta, Moskau u.a. ein koordiniertes Vorgehen gegen das faschistische Deutschland nicht möglich gewesen wäre und ein direktes Übergleiten des Zweiten Weltkrieges in einen neuen Krieg zwischen den Großmächten wahrscheinlich gewesen wäre – Pläne für dieses Schreckensszenario gab es auf beiden Seiten.
So gelang es durch diese Politik - so zynisch dies im Rückblick auch erscheinen mag - Europa zumindest von den Schrecken Nazi-Deutschlands zu befreien und einem Teil der Staaten und Völker Frieden und Freiheit zu geben.

Ein Beobachter: Beginn der Friedensverhandlungen von Utrecht im Spanischen Erbfolgekrieg (29. Januar 1712)

Dienstag, den 29. Januar 2008

An Seine Hoheit Karl VI. von Gottes Gnaden ewig erhabener Römischer Kaiser, Deutscher König, König von Spanien, Ungarn, Böhmen, beiden Sizilien, Jerusalem und über Westindien, Erzherzog Österreichs, Herzog von Burgund, Brabant, Mailand, Fürst zu Schwaben, Katalonien, Markgraf des Heiligen Römischen Reiches, Graf zu Habsburg, Flandern, Tirol.

Kaiser Karl VI aus dem Hause HabsburgErlaube ich mir untertänigst zu berichten, dass mit heutigem Tag der Friedenskongress zu Utrecht begonnen hat. Die Gesandten der beteiligten Mächte scheinen wirklich gewillt zu sein, einen Frieden zu schließen, ohne Beteiligung Seiner kaiserlichen Hoheit.
Verfolgen diesen Prozess mit Skepsis, hoffen aber die Vorstellungen Ihrer gnädigen Hoheit werden berücksichtigt. Bis zu einem Abschluss, der Ihren Ansprüchen genüge tut, empfehle ich untertänigst, den Krieg gegen seine Majestät, Ludwig von Frankreich fortzusetzen, um unsere Armeen in eine Situation zu bringen, die uns das Stellen weitreichender Forderungen erlaubt. Durch die bisherigen Nachrichten der Gesandten der anderen Mächte bleibt uns aber wenig Hoffnung, dass die Mächte sich für eine Zuweisung aller spanischen Lande an Seine kaiserliche Hoheit, aussprechen werden. Sollten uns darauf vorbereiten, dies in der Folge selbst erlangen zu müssen auch gegen den Widerstand der vormals verbündeten Mächte.
Vor allem die Gesandten des vormals mit uns verbündeten Großbritannien scheinen wenig geneigt zu sein, einem ungeteilten Übergang aller spanischen Lande an seine kaiserliche Hoheit zuzustimmen.

Am 29. Januar 1712 begannen die Friedensverhandlungen von Utrecht, mit deren Abschluss ein Krieg enden sollte, der ohne zu übertreiben als „Weltkrieg im Barock“ bezeichnet werden kann. Was mit einem Streit um die Erbfolge des letzten spanischen Habsburgers Karl II. begann wuchs sich zu einem multinationalen Konflikt aus, an dem fast alle zu dieser Zeit bedeutenden Mächte beteiligt waren. Wenn man diesen Konflikt in Verbindung mit dem teilweise zeitgleich und überlappenden Großen Nordischen Krieg in Bezug setzt, so war mit Ausnahme des osmanisch besetzten Teils nahezu ganz Europa in diesen Krieg einbezogen.
Die Kriegsschauplätze erstreckten sich darüber hinaus über die ganze Welt, in Europa lagen sie in Spanien, dem Mittelmeer, Frankreich, den spanischen Niederlanden, in fast ganz Italien, im Reich entlang der Donau und des Rheins. Dazu kamen die von Frankreich unterstützten Aufstände in Ungarn und Schottland. Darüber hinaus kam es auch in den Kolonien der beteiligten Mächte zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Auch in seinen Ergebnissen ist der Spanische Erbfolgekrieg kaum zu überschätzen.
Trotz all der an der siegreichen Allianz gegen Frankreich beteiligten Mächte, gab es am Ende nur einen wirklich großen Sieger: Das immer wieder geschickt agierende England (bzw. seit dem Act of Union 1707 eigentlich als Großbritannien zu bezeichnen) ging als deutlicher Sieger aus dem Spanischen Erbfolgekrieg hervor. So gewann es durch den Frieden von Utrecht im Mittelmeer Menorca und das bis heute in seiner strategischen Bedeutung unangefochten wichtige Gibraltar. In Amerika gewann England v.a. Nova Scotia und Neufundland hinzu, die Einfalltore nach Kanada, von denen aus England nach und nach die Kontrolle über den ganzen Bereich Kanadas übernehmen sollte. Im sogenannten ‚Asiento’, bekam England darüber hinaus das Monopol über den gesamten Sklavenhandel mit den spanischen Kolonien.
Oftmals spricht man im Bezug auf die Folgezeit des Spanischen Erbfolgekriegs von dem Entstehen einer Pentarchie der Großmächte in Europa und vom System der Balance of Power. Das aber ist zu kurz gegriffen. England war es gelungen seine Konkurrenten in Übersee durch diesen Krieg weit zu überholen. Spaniens Abstieg setzte sich fort, Frankreich war zur See deutlich geschlagen, selbst die Vereinigten Niederlande rutschten in der Folge weiter ab, obwohl auch sie eine der militärischen Siegermächte des Konfliktes waren. So gab es am Ende zwar eine Balance of Power auf dem europäischen Kontinent, aber eben nur dort, allerdings nicht mit England als einer einbezogener Macht, sondern eher als Kontrolleur dieses Gleichgewichtes, dass immer wieder eingriff, wenn eine Macht drohte das Gleichgewicht zu ihren Gunsten zu bewegen und somit in die Lage gekommen wäre, die britische Hegemonialstellung in der Welt anzugreifen.
Und damit ist die englische Politik im Spanischen Erbfolgekrieg und vor allem beim Ausmaß des Einflusses Englands auf die Bestimmungen auf den Frieden von Utrecht eben nicht nur Ausdruck der sehr eigenen englischen Interpretation des Begriffs ‚Gleichgewicht’, sondern vielmehr auch als Bild und Vorbild eines anderen Teils der zukünftigen englischen Politik und des englischen Selbstverständnisses, wenn auch in dieser Begrifflichkeit erst später verwendet, zu sehen: ‚Rule Britannia’.
Der Friendensvertrag von Utrecht
Was war aber nun mit Österreich und seinem habsburgischen Kaiser? Zwar versuchten die österreichischen Truppen unter ihrem Heerführer Prinz Eugen zwar noch, Frankreich im Alleingang weiter zu bekämpfen, was aber durch das Wegfallen des wichtigsten Verbündeten, England, am Ende nicht von Erfolg gekrönt war. So mussten die Habsburger und das Reich am Ende in den Friedenschlüssen von Rastatt und Baden den Bestimmungen des Friedensvertrages von Utrecht zustimmen. Die spanische Erbfolge mit allen Kolonien fiel dadurch an Philipp V. aus dem Hause der Bourbonen, wobei aber eine spätere Vereinigung der Kronen und Frankreichs unter einem Herrscher ausgeschlossen wurde (was letztlich zum etwas später folgenden „Krieg der Quadruppel-Allianz” führte). Österreich bekam im Gegenzug die spanischen Niederlande und die ehemaligen Besitzungen der spanischen Habsburger in Italien zugesprochen.
Wenn man den Spanischen Erbfolgekrieg in seiner Gesamtheit und seiner Bedeutung sieht, so ist es umso verwunderlicher, wie stiefmütterlich er bis heute behandelt wird. So gibt es bis heute keinerlei umfassende deutschsprachige Monographie über diesen neuzeitlichen „Weltkrieg“.

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