Archiv der Kategorie ‘20. Jahrhundert‘


August Gachtel: Selbstverbrennung des Pfarrers Oskar Brüsewitz / Das Fanal von Zeitz (18.08.1976)

Dienstag, den 18. August 2009

Was macht der Mann denn da?
Sieht wie ein Pfaffe aus. In seinem Talar.
Hat aber Schilder auf dem Wagen. Was heißt das? … ach wo ist denn meine Brille … ah hier ist sie ja.
Da steht:
Funkspruch an alle: Die Kirche in der DDR klagt den Kommunismus an! Wegen Unterdrückung in Schulen an Kindern und Jugendlichen
Na wenn das mal keinen Ärger mit den Genossen gibt!
Der kann doch nicht wirklich glauben, dass man ihm das durchgehen lässt.


was hat er denn jetzt vor? Was ist das denn. Der kippt irgendwas über sich. Oh verdammt. Das sieht aus wie Benzin. Das kann doch nicht sein! Was macht er denn? Oh Scheiße, der zündet sich an.
Das gibt’s doch nicht! Der zündet sich wirklich an.
Da kommen anscheinend welche von der Stasi. Ob die ihm wenigsten auch helfen?
Ist ja klar, die Typen reißen erst mal die Plakate runter, statt dem Pfarrer zu helfen.
Aber jetzt endlich löschen sie die Flammen. Ob da noch was zu retten ist?
So ein Wahnsinn! Aber mutig. Mal einer, ders Maul aufmacht, der was tut gegen den scheiß Staat.
Sollte man in Gedanken behalten, wenn mal der richtige Moment kommt.
Irgendwann mal, ja vielleicht irgendwann werden wir was ändern können.
Aber jetzt nicht. Ist zu gefährlich. Zu früh. Vielleicht aber irgendwann.

Am 18.08.1976 begab sich der evangelische Pfarrer Oskar Brüsewitz mit seinem Wartburg auf den Platz vor der Michaeliskirche in Zeitz, einer Kleinstadt im östlichen Sachsen-Anhalt.
Er hatte zwei Plakate auf seinem Wartburg befestigt, auf denen zu lesen war:
Funkspruch an alle: Die Kirche in der DDR klagt den Kommunismus an! Wegen Unterdrückung in Schulen an Kindern und Jugendlichen“.
Kurz darauf übergoss sich Brüsewitz, der in seinem Talar auf dem Kirchenvorplatz stand, mit Benzin und zündete sich an.
Schnell wurde die Aktion, die einer der drastischsten politischen Proteste gegen das diktatorische Unrechtsregime des SED-Staates darstellte, von Mitarbeitern der Stasi beendet, die die Plakate vom Auto des Pfarrers rissen und den schwer verletzten Mann danach in ein Krankenhaus brachten, wo er vier Tage später seinen schweren Verletzungen erlag.
Die Medien der DDR sollten zunächst versuchen, den Vorfall zu verschweigen und kleinzureden, und, als dies nicht gelang, auch weil die Medien in der BRD vom Vorfall berichteten, den Pfarrer als Geistesgestörten zu diffamieren. Insbesondere ein Kommentar dazu im regimetreuen Blatt „Neues Deutschland“ sorgte für aufsehen und sogar, eher ungewöhnlich, für massiven Leserprotest aus allen Schichten.
Brüsewitz selbst sah sich als Sendboten für das Gute im Kampf gegen das Böse, gegen die Zustände im DDR-Unrechtsstaat.
So schreibt er in einem Abschiedsbrief, gerichtet an seine „Schwestern und Brüder des Kirchenkreises Zeitz“:
„[…]Nach meinem Leben habe ich es nicht verdient, zu den Auserwählten zu gehören. Meine Vergangenheit ist es Ruhmes nicht wert. Um so mehr freue ich mich, daß mein Herr und König und General mich zu den geliebten Zeugen berufen hat. Obwohl der scheinbare(n) tiefe(n) Frieden zukunftsversprechend ist, der auch in die Christenheit eingedrungen ist, tobt zwischen Licht und Finsternis ein mächtiger Krieg. Wahrheit und Lüge stehen nebeneinander.[…] In wenigen Stunden will ich erfahren, soll ich erfahren, daß mein Erlöser lebt.“
Die Tat war das Fanal einer langen Geschichte. Immer wieder versuchte Brüsewitz gegen die Zustände in der DDR, gegen die atheistische Propaganda des Regimes, gegen die ideologisierte Erziehung der Jugend aufzubegehren und diese in das Licht der Öffentlichkeit zu rücken. So hatte er zum Beispiel auf die Propaganda-Plakate zum DDR-Geburtstag, auf denen zu lesen war: „25 Jahre DDR“ mit einem Transparent reagiert, auf das er geschrieben hatte: „2000 Jahre Kirche Jesu Christi“. Ziel war es vor allem, Jugendliche wieder zu Kirche zu bringen. Dabei erfuhr er aber nahezu keine Unterstützung, auch nicht von der Kirchenleitung, so dass er im Fanal von Zeitz schließlich die letzte Möglichkeit sah, auf seine Sache aufmerksam zu machen.

(Tipp der Redaktion: Eine unfamgreiche Seite mit vielen Materialen zum Fanal von Zeit finden Sie hier.)

Walter Wagner: Standesbeamter bei der Hochzeit von Adolf Hitler und Eva Braun (29. April 1945)

Mittwoch, den 29. April 2009

Die Erschienenen zu 1 und 2 erklären, daß sie rein arischer Abstammung und mit keiner der Eheschließung ausschließenden Erbkrankheiten befallen sind. Sie beantragen mit Rücksicht auf die Kriegsereignisse wegen außerordentlicher Umstände die Kriegstrauung und beantragen weiter das Aufgebot mündlich entgegenzunehmen und von sämtlichen Fristen Abstand zu nehmen.
Den Anträgen wird stattgegeben. Das mündlich abgegebene Aufgebot ist geprüft und für ordnungsgemäß befunden worden.
Ich komme nunmehr zum feierlichen Akt der Eheschließung.
In Gegenwart der oben genannten Zeugen zu 3 und 4 frage ich Sie
    Mein Führer Adolf Hitler
ob Sie gewillt sind, die Ehe mit
    Eva Braun [exakter Text unleserlich]
einzugehen. In diesem Falle ich ich Sie, mit „ja“ zu antworten.
Nunmehr frage ich Sie Eva Braun [exakter Text unleserlich]
ob Sie gewillt sind, die Ehe mit
    Meinem Führer Adolf Hitler
einzugehen. In diesem Falle ich Sie auch Sie, mit „ja“ zu antworten.
Nachdem nunmehr beide Verlobte die Erklärung abgegeben haben, die Ehe einzugehen, erkläre ich die Ehe vor dem Gesetz rechtmäßig für geschlossen.

Berlin, am 29. April 1945

(Text der Heiratsurkunde von Adolf Hitler und Eva Braun, nicht fiktiv)

Heiratsurkunde Adolf Hitler Eva Braun 29. April 1945

Am 29. April 1945, wenige Minuten nach 0 Uhr heiraten Adolf Hitler und Eva Braun im Berliner Führerbunker. Als Trauzeugen amtierten Joseph Goebbels und Martin Bormann.
Als Standesbeamter fungierte der Stadtrat und Gauamtsleiter Walter Wagner, der bei Goebbels in der Berliner Gauleitung gearbeitet hatte.
Eva Braun war mit Hitler bereits seit 1929 bekannt, als sie als Fotolaborantin für Hitlers Fotografen Heinrich Hoffmann gearbeitet hatte.
Schon kurz nach dem Kennenlernen gingen die beiden des öfteren zusammen aus, ohne das aber die Beziehung intensiviert wurde.
Dies geschah erst nach dem Tod von Hitlers Nichte Angela „Geli“ Raubal, die sich am 18. September 1931 das Leben nahm und bis zu diesem Zeitpunkt die bestimmende Frau in Hitlers Leben war.
Nach und nach


entwickelte sich Eva Braun zur Geliebten Hitlers, auch wenn sie nie als die Frau an seiner Seite in der Öffentlichkeit auftreten durfte und selbst engeren Vertrauten gegenüber offiziell als Angestellte präsentiert wurde.
„Offiziell“ gemacht wurde die Beziehung erst, als Eva Braun im März 1945 vom Obersalzberg in den Führerbunker zog, wohl wissentlich, dass die Wahrscheinlichkeit, diesen je wieder zu verlassen äußerst gering war. Am 29. April wurde die Beziehung dann durch die Hochzeit von Hitler und Braun legitimiert – auch wenn den beiden nur eine sehr kurz Ehe beschieden sein sollte.
Gemeinsam beginnen die Jungverheirateten nur einen Tag nach der Hochzeit am 30. April 1945 Selbstmord und wurden kurz darauf im Garten der Reichskanzlei verbrannt.

Dawson T. Lockhaus: Premiere des Films „2001: A Space Odyssey“ (2. April 1968)

Donnerstag, den 2. April 2009

Na dann wollen wir mal. Ein Meisterwerk soll der Film ja sein, schreiben alle, die schon Teile davon gesehen habe. Science-Fiction. Naja mal abwarten. Die Geschichten von Clarke sind ja normal schon gut. Und nun ein Film zusammen mit Kubrick.
Bin ja schon froh, dass ich eine Karte für die Premiere bekommen habe. Das ist ja schon etwas besonderes dabei zu sein, bei einer solchen Premiere.
Ist nicht gerade ein toller Platz hier, aber was solls.
Langsam müsste es ja losgehen.
Das Licht ist schon aus. Hmmm, kein Bild auf der Leinwand. Kein Ton zu hören.
Nur das Gemurmel der Leute. Aber auch das wird langsam leiser.
Stille. Absolute Stille jetzt. Kein Hüsteln. Man könnte eine Stecknadel fallen hören. Sind wohl alle zu angespannt, weil sie nicht wissen, was jetzt kommt. Ich auch nicht. Noch immer ist alles dunkel und nichts zu hören.
Aber jetzt. Ist da nicht ein leiser, langsam anschwellender Ton zu hören? Ja, jetzt bin ich sicher. Und auf der Leinwand sieht man nun plötzlich die Sonne aufgehen. Langsam wird es dabei auch heller. Die Sonne scheint über der Wüste aufzugehen und dabei höre ich jetzt auch deutlich die Musik:

Was für ein spannender Einstieg in einen Film! Eine faszinierende Idee!
Und jetzt sind auch Menschen zu sehen.
Ich bin gespannt, was jetzt noch kommt…

So begann, der ursprünglichen Idee Stanley Kubricks folgend, der Film „2001: A Space Odyssey“, der am 2. April 1968 im Uptown Theater in Washington uraufgeführt wurde.
Erst ein paar Minuten absoluter Stille und Dunkelheit im Kinosaal, ohne Vorspann dann abgelöst von der langsam über einer afrikanischen Wüstenlandschaft aufsteigenden Sonne, untermalt vom ebenso langsam anschwellenden „Also Sprach Zarathustra“ Richard Strauß’.


Das Drehbuch zum Film war ein Gemeinschaftsprojekt von Stanley Kubrick und Arthur C. Clarke, der kurze Zeit später auch den weltberühmten gleichnamigen Roman veröffentlichte.
Die Grundlage für den Film (und so auch für den Roman) war die von Clarke einige Jahre zuvor veröffentlichte Kurzgeschichte „Der Wächter“.
Bis heute gelten sowohl Roman als auch Film als Meilensteine ihres jeweiligen Genre, der Film als einer der besten Filme aller Zeiten und das Buch analog als eines der wichtigsten Bücher.
„2001: A Space Odyssey“ zeigte gleich mehrere beeindruckende Aspekte der Filmkunst, von eindrucksvollen Bildern über eine tiefgründige Geschichte (wie eigentlich in allen Werken Clarkes) bis hin zu einer besonders gelungenen musikalischen Untermalung. Diesen Part sollte ursprünglich Carl Orff übernehmen, musste aber aus gesundheitlichen Gründen und seines fortgeschrittenen Alters wegen absagen, dann begann Alex North mit den Kompositionen, am Ende griff aber Kubrick nahezu vollständig auf bestehende Werke zurück, so neben „Also Sprach Zarathustra“ auch auf „An der schönen blauen Donau“ von Strauß und auf mehrere Werke des aus Siebenbürgen stammenden Komponisten György Sándor Ligeti, dessen Arbeiten in der Hauptsache durch die Verwendung in 2001 Bekanntheit erlangten.
Aber auch Strauß’ Zarathustra wird heute von einem Großteil der Menschen am ehesten mit dem Film 2001 assoziiert.
Die Kritik reagierte größtenteils überschwänglich auf Kubricks Meisterwerk und entsprechend viele Preise gewannen sowohl Film als auch Roman.
Dem Roman sowie dem Film folgten Fortsetzungen, als Film noch „2010: The Year We Make Contact“ (als Roman „2010: The 2nd Odyssey“) und als weitere Romane von Clarke „2061: Odyssey Three“ sowie, als letztes alleine veröffentlichtes Werk des 2008 im Alter von 90 Jahren verstorbenen Autors, „3001: The Final Odyssey“ – nur ein kleiner Auschnitt des Lebenswerks des Schriftstellers, der heute als bedeutendster Autor wissenschaftlicher Science-Fiction Literatur gilt.

(Das Musikstück ist “Also Sprach Zarathustra” von Richard Strauß. Dirigiert von Barbara Schubert und steht unter Creative Commons license. Quelle: http://www.archive.org/details/uso20000527 )

Page 2 of 16