Archiv der Kategorie ‘19. Jahrhundert‘


Erinnerungen einiger Soldaten: Gründung der Fremdenlegion (10. März 1831)

Mittwoch, den 11. März 2009

Reto Grossniklaus aus der Schweiz im August 1833:
Endlich, bin ich frei, sehe ich etwas von der Welt und kann den Zwängen meiner Familie entfliehen. Jeden Tag Kühe melken, Schweine füttern und den Stall ausmisten, dazu immer meinen älteren Bruder vor der Nase, der mich herumkommandieren darf.
Damit ist es nun endgültig vorbei! Ich werde die Welt entdecken, Afrika, Welt – ich komme!

Jan de Haap aus den Niederlanden im November 1910:
Ich werde kämpfen bis zum Umfallen, ganz egal wo und gegen wen. Drill und Pein ist dabei nur nebensächlich, denn ich muss meine Schuld, meine schreckliche Schuld abtragen. Der Kampf, das Gefecht, Blut und Schmerz werden mir dabei helfen.
Weit weg von zu Hause muss es gehen, weit weg von allem, von der Erinnerung, vor allem von der Erinnerung. Hier halte ich es nicht länger aus, jede Straße, die Wohnung, das Schlafzimmer überall werde ich erinnert, die grausigen Bilder kommen immer wieder und lassen mich nicht in Ruhe. Ich muss hier weg, schnell, sonst werde ich verrückt. Im Kampf habe ich eine sinnvolle Beschäftigung, die mir keine Zeit geben wird nachzudenken, zu grübeln, mich zu erinnern. Worauf also warten, ich packe meine wenigen Habseligkeiten in den kleinen Koffer und breche noch heute auf.

Peter Berger aus Deutschland im Mai 1998:
Rückblickend muss ich sagen, dass die Fremdenlegion meine Rettung war. Ich wusste nicht mehr wohin oder an wen ich mich wenden sollte, denn überall drohte meine Verhaftung, immerhin war gegen mich der Vorwurf erhoben worden, ich hätte meinen Bruder erschlagen. Da kam die Fremdenlegion gerade recht!
Weg aus Deutschland, weg von hier wo mich jeder schief angeschaut hat, immer mit dem Hintergedanken, ich wäre ein Mörder. Jetzt, zehn Jahre später bin ich zurück und kann wieder in Ruhe hier leben, denn es hat sich alles aufgeklärt. Der wahre Mörder meines Bruders ist gefasst und alle Vorwürfe gegen mich wurden zurückgenommen.

Der französische König Ludwig Philipp I. erließ am 9.März 1831 das Gesetz zur Gründung der Fremdenlegion, das am 10.März 1831 in Kraft trat. Damit war die Légion Étrangère ins Leben gerufen worden, ein Instrument, das zwar unter dem Kommando des Staatsoberhaupts Frankreichs steht und französische Interessen vertritt, aber nicht auf französischem Boden eingesetzt werden darf.
Ins Leben gerufen wurde die Fremdenlegion als ein zentrales Instrument, das zahlreiche verschiedene Vorläuferregimenter unter einem Oberkommando vereinen sollte. Da Frankreich die Kolonialisierung Algeriens an der Nordküste Afrikas plante, wurden Truppen benötigt, die nicht auf eigene Faust handelten, sondern zentral gesteuert werden konnten.
Die ersten Freiwilligen in der Fremdenlegion verpflichteten sich aus den unterschiedlichsten Beweggründen: Kriegshunger, Abenteuerlust, politische Überzeugung und finanzielle Notsituationen etc. Da es in der Anfangsphase möglich war, sich auch ohne Ausweispapiere verpflichten zu lassen, waren unter den Rekruten zahlreiche zwielichtige Gestalten. Inzwischen sind die Aufnahmebedingungen deutlich verschärft, sodass die Fremdenlegion längst kein Auffanglager für Kriminelle und Flüchtlinge mehr ist.
Die Erinnerungen dreier fiktiver Männer sollen einen groben Eindruck davon vermitteln, welche Beweggründe Menschen dazu getrieben haben und noch heute dazu verleiten in die Fremdenlegion einzutreten. Gleichzeitig zeigen sie, dass die Fremdenlegion eine multikulturelle Angelegenheit ist, in der sich Menschen aus verschiedenen Ländern zusammenfinden um unter einer gemeinsamen Flagge zu kämpfen. Traditionell stammen viele Legionäre aus Deutschland und der Schweiz.
In den ersten Jahren nach der Gründung der Fremdenlegion waren kaum Deutsche unter den Kämpfern zu finden, erst nach dem Deutsch-Französischen Krieg der Jahre 1870/71 stieg die Anzahl der Deutschen enorm an, was sich weit bis 20. Jahrhundert hinein nicht ändern sollte. Phasenweise setzte sich die Fremdenlegion zu einem Drittel, teilweise sogar zu Hälfte, aus deutschen Kämpfern zusammen.
Übte die Fremdenlegion auf Deutsche eine besondere Faszination aus, oder wie sonst ist die hohe Anzahl Deutscher in den Reihen der Fremdenlegion zu erklären? Die Beweggründe für Deutsche in diese Armee einzutreten sind vielfältig, in einigen Phasen der Geschichte, vor allem in Zeiten der Demobilisierung, also nach dem Deutsch-Französischen Krieg, nach dem Ersten Weltkrieg sowie nach dem Zweiten Weltkrieg suchten deutsche Soldaten eine Möglichkeit ihr Handwerk fortzusetzen und fanden in der Legion die Lösung. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in französischen Kriegsgefangenenlagern zudem intensive Bemühungen unternommen, Wehrmachtsangehörige für den Dienst in der Fremdenlegion zu gewinnen, was bei nicht wenigen Kriegsgefangenen Erfolg hatte, da sie ein Leben als Legionär einer weiteren Gefangenschaft vorzogen.
Ein Beweggrund für die Befehlshaber der Legion, ausgerechnet Deutsche anzuwerben, lag zu allen Zeiten am guten Ruf, den die Deutschen, vor allem wegen der bekannten Tugenden – Fleiß, Pünktlichkeit, Ordnung etc. – genossen.
Inzwischen liegt der Anteil der Deutschen in der Fremdenlegion allerdings bei weniger als 5%. Der hauptsächliche Anteil der gegenwärtigen Kämpfer, die aus mehr als 100 Nationen stammen, ist osteuropäischer Herkunft.
Eingesetzt wurde und wird die Fremdenlegion an allen Schauplätzen der Welt, an denen Frankreich seine Interessen vertreten bzw. verteidigen möchte. Einige Beispiele aus der Vergangenheit: Algerien: 1831–1882, Erster Weltkrieg: 1914–1918 , Zweiter Weltkrieg: 1939–1945, Indochina: 1945–1954, Algerien: 1954–1961.

Hans Specklacher: Erschießung Andreas Hofers in Mantua (20. Februar 1810)

Freitag, den 20. Februar 2009

Seit fast einem Monat wird er gefangen gehalten, nachdem er durch pure Geldgier ans Messer geliefert wurde. Wir alle haben unser Säcklein zu tragen, doch einen Helden, der für uns alle nur das Beste will, darf man für kein Geld der Welt verraten. Doch dieser Judas scheint kein Gewissen zu haben und nur an sich selbst zu denken. Das Blutgeld wird im hoffentlich unter den Fingern zerrinnen und ihn und seine Familie ins Unglück stürzen, hier wird er sicherlich nicht mehr glücklich werden und wenn ich allein dafür Sorge tragen muss!


Welche Angst unter diesen Hunden von Besatzern herrscht, denn sie haben den Hofer einfach verschleppt, haben ihn feige an einen fernen Ort gebracht, da sie uns fürchten. Und sie fürchten sich zu Recht! Wir würden alles tun, um unseren Helden aus ihren Händen zu befreien, aber dumm sind sie nicht. Das muss man ihnen lassen.
Heute dann war es so weit, die Hunde haben ihn getötet, eiskalt abgeknallt haben sie ihn, wie ein Karnickel. Keine Chance hatte er, sollte er auch nicht haben, so geht es denen, die nicht gehorchen und nicht tun, was die Oberen fordern.
Er hat sich die Mächtigen zu Feinden gemacht, weil er für uns nur das Beste wollte, sich nicht gefügt hat, sondern unsere Interessen vertreten hat. Und was ist der Dank – ein Landsmann liefert ihn ans Messer. Wenn mir dieser Judas unter die Augen kommt…
Hoffen können wir alle nur, dass es immer wieder einen Hofer geben wird, der sich nicht unterkriegen lässt und auch gegen Widerstand hart bleibt. Vielleicht wird die Zukunft erkennen, was für einen Helden wir hier in unseren Reihen hatten und ihm ein Denkmal setzen, denn das hat er verdient, der Andreas Hofer aus St. Leonhard!

Die Erschießung von Andreas Hofer in Mantua

Andreas Hofer war der Anführer der Tiroler Aufstandsbewegung gegen die napoleonische Herrschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts, der am 20. Februar 1810 hingerichtet wurde.
Der am 22. November 1767 in St.Leonhard im Passeier (Südtirol) geborene Andreas Hofer führte die Tiroler dreimal siegreich gegen die napoleonischen Truppen ins Feld.
Durch die Niederlage Österreichs im dritten Koalitionskrieg, auch unter der Bezeichnung erster Napoleonischer Krieg bekannt, stand das Land seit 1805/06 unter bayrischer Herrschaft, was eine Reihe von Reformen zur Folge hatte, die in der Tiroler Bevölkerung für zunehmenden Unmut sorgten. Die Zwangsrekrutierungen Tiroler Männer für die Bayrische Armee führten schließlich zum Aufstand gegen die Herrschaft der Bayern. Andreas Hofer führte die Bewegung an, die am 9. April 1809 in Innsbruck in Gang gekommen war.
Die Tiroler konnten sich bereits am 11. April bei Sterzing gegen die Bayern behaupten, einen Tag später kam es zur ersten Berg-Isel-Schlacht, in deren Folge es den Aufständischen gelang in Innsbruck einzuziehen. Am 25. Mai sowie am 29. Mai kam es zu zwei weiteren Schlachten am Berg Isel, die den Rückzug der Bayern zur Folge hatten. Dennoch mussten die Tiroler eine Besetzung ihrer Heimat durch Napoleons Truppen hinnehmen, da im Znaimer Waffenstillstand, über die Köpfe der Tiroler hinweg entschieden worden war, um die gesamt-österreichischen Interessen zu wahren.Andreas Hofer
Andreas Hofer rief daraufhin zum Landsturm auf, dem ein Sieg der Tiroler am 13. August 1809 folgte. Bis zum 21. Oktober regierte der Tiroler das Land von Innsbruck aus.
Der in Folge der Niederlage Österreichs im Fünften Koalitionskrieg am 14.10.1809 zwischen Napoleon und Franz I. von Österreich geschlossene Friede von Schönbrunn wurde in Tirol ignoriert. Für Hofer war er der Anlass erneut den Kampf aufzunehmen. Nachdem er aber am 1. November die Vierte Schlacht am Berg Isel verloren hatte, konnte er den Widerstand nicht mehr ausreichend anfachen und musste schließlich flüchten.
Doch in seinem Versteck war er nur für kurze Zeit sicher, denn der südtiroler Bauer Franz Raffl verriet für die Summe von 1500 Gulden Hofers Versteck an die Franzosen. Auf Grund dieses Verrats war Raffl in der Region Anfeindungen und Schmähungen ausgesetzt, sodass er im Jahr 1811 nach Bayern auswanderte. Hofer wurde am 28. Januar 1810 von den Franzosen gefangen genommen und nach Mantua verbracht, wo er vor das Kriegsgericht gestellt und nach dessen Urteil am 20. Februar hingerichtet wurde.
In Tirol gilt Andrea Hofer noch heute als Volksheld und wird von Teilen der Bevölkerung als Freiheitskämpfer verehrt. Zahlreiche Denkmäler und literarische Werke sowie die Tiroler Landeshymne halten die Erinnerung an Hofer und seine Taten präsent.

(Das erste Bild zeigt ein zeitgenössisches Gemälde zur Erschießung von Andreas Hofer in Mantua von einem unbekannten Künstler. Das zweite Gemälde zeigt ebenfalls Andreas Hofer von einem nicht bekannten Künstler.)

Ernst Dieringshofer, Sekretär: Genehmigung der ersten Litfaßsäulen in Berlin (5. Dezember 1854)

Freitag, den 5. Dezember 2008

Jawohl, wird sofort erledigt. Einen Augenblick bitte, ich werde die Abschrift umgehend anfertigen und Ihnen anschließend vorlegen.
Immer diese Eile. Doch es scheint sich um einen wichtigen Beschluss zu handeln, sonst würde der Polizeipräsident nicht soviel Aufmerksamkeit auf dieses Schriftstück verwenden. Vermutlich wurde ihm von diesem Herrn zugesetzt, diesem Verleger, der hier in regelmäßigen Abständen im Präsidium vorbeikommt, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen.
Seine Idee mutet schon seltsam an. Er möchte Säulen in der ganzen Stadt aufstellen, die mit Plakaten beklebt werden sollen. Wozu denn nur? Die Plakate kleben doch längst an allen Wänden und Zäunen, da braucht Berlin nicht auch noch diese Säulen!
Vermutlich hat es dem Herrn Präsidenten nun endgültig gereicht und er hat eine deutliche Ablehnung formuliert. Nun ist es meine Aufgabe sie ins Reine zu bringen, damit sie dem Antragsteller überreicht werden kann.

Nun, das kann ich kaum glauben - aber der Polizeipräsident wird es wirklich zulassen, dass dieser Herr Litfaß seine Säulen in Berlin aufstellen darf. Erfindungen mögen ja eine gute Sache sein, doch in einigen Fällen sollte doch bedacht werden, wie sich eine solche Entwicklung auf das Stadtbild auswirkt. Aber wenn der Herr Polizeipräsident so entschieden hat, wird es schon seine Richtigkeit haben. Also, an die Arbeit…

Der Berliner Drucker und Verleger Ernst Litfaß erhielt am 5. Dezember 1854 vom Berliner Polizeipräsidenten Karl Ludwig von Hinkeldey die Genehmigung zum Aufstellen von 150 so genannten „Annoncier-Säulen“ in der Stadt.
Die erste dieser Säulen wurde am 15. April des Folgejahres in Berlin aufgestellt, am 1. Juli 1855 wurden der Öffentlichkeit dann insgesamt 100 „Annoncier-Säulen“ und 50 Brunnenumhüllungen präsentiert. In den folgenden Jahren ließ Ernst Litfaß weitere dieser Werbesäulen errichten. Der geschäftstüchtige Verleger hatte früh das Potential dieser Werbeträger erkannt und sich rechtzeitig das alleinige Recht auf Plakatierungen in Berlin gesichert, das er bis ins Jahr 1865 inne hatte. Durch diesen geschickten Schachzug sicherte er seinem Betrieb erhebliche Einnahmen.
Der Genehmigung zum Aufstellen der Werbesäulen in Berlin waren jahrelange Verhandlungen vorausgegangen, denn Ernst Litfaß war das in Berlin ständig zunehmende Wildplakatieren ein Dorn im Auge, sodass er den Behörden der Stadt den Vorschlag machte, an zentralen Orten Säulen aufzustellen, an denen Plakate angebracht werden könnten. Als der Polizeipräsident von Berlin im Dezember 1845 schließlich die Genehmigung erteilte, war diese an die Bedingung geknüpft, dass Litfaß nicht nur Werbeplakate publizieren durfte, sondern auch die neuesten Nachrichten aushängen musste.
Der Vorteil dieses neuartigen Mediums lag darin, dass sich die Auftraggeber sicher sein konnten, dass ihre Werbung für einen festgelegten Zeitraum an attraktiven Orten gut sichtbar war und nicht heruntergerissen oder durch andere Plakate überklebt wurde.
Es sollte nicht lange dauern, bis auch in anderen Orten in Deutschland an zentralen Plätzen und Kreuzungen derartige Säulen aufgestellt wurden, die zu Ehren des Berliner Verlegers bald unter der Bezeichnung Litfaßsäule im ganzen Land bekannt wurden. Noch heute gibt es in deutschen Städten mehr als 50.000 Litfaßsäulen, die mit Werbeplakaten beklebt sind oder auf kulturelle Veranstaltungen aufmerksam machen.

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