Archiv der Kategorie ‘Epochen‘


Achim Büderich, Stadtschreiber von Xanten: Vertrag von Xanten (12. November 1614)

Mittwoch, den 12. November 2008

Xanten, am 12. November 1614
Am heutigen Tage wurde unser beschauliches Städtchen zu einem bedeutenden Ort, da hier ein bedeutender Vertrag unterzeichnet wurde, der dem Streit um das Erbe Herzog Johann Wilhelms ein Ende bereiten soll.
Wenn auch alle Annäherungen zwischen beiden Seiten in der Vergangenheit scheiterten, besteht nun große Hoffnung, eine Lösung gefunden zu haben, die zu einer endgültigen Beilegung aller Streitigkeiten führt.
Die Zeit wird es zeigen, aber dennoch können wir hier in Xanten und alle anderen Betroffenen voller Hoffnung sein, dass diesem lange schwelenden Konflikt, der sich nicht nur einmal zu einem grenzübergreifenden Krieg auszuweiten schien, nun ein endgültiges Ende bereitet worden ist.

Der Vertrag von Xanten wurde am 12. November 1614 geschlossen und bereitete dem Jülich-Klevischen Erbfolgestreit ein Ende und bewahrte Europa vor einem Krieg.
Ausgebrochen war dieser Erbfolgestreit nach dem Tod Johann Wilhelms, dem letzten Herzog von Jülich-Kleve-Berg, am 25. März 1609. Grundlage für den Streit waren zwei Privilegien. Auf der einen Seite hatte Friedrich III. dem Haus Sachsen die Nachfolge versprochen, sollten die männlichen Erben im klevischen Haus ausbleiben. Karl V. hatte allerdings 1546 festgelegt, dass auch weibliche Nachfolger der Herzöge erbberechtigt seien.
Herzog Wilhelm V. der Reiche von Jülich-Kleve-Berg ließ bei seinem Tod drei Töchter und einen geistig erkrankter Sohn Johann Wilhelm zurück, wodurch das Ende der männlichen Erblinie abzusehen war.
Die drei Töchter, waren noch zu Lebzeiten des Herzogs in die Häuser von Brandenburg, Pfalz-Neuburg und Pfalz-Zweibrücken verheiratet worden. Eine Erbregelung war getroffen, die im Fall des Ablebens ihres Bruders eintreten sollte, doch nach dem Tod des Herzog Johann Wilhelms herrschte Uneinigkeit über eben diese Regelung. Da die nach Brandenburg verheiratete älteste Tochter keine männlichen Nachkommen zur Welt gebracht hatte, erhob das Haus Pfalz-Neuburg Ansprüche auf das Erbe. Beide Seiten stritten sich bereits seit einigen Jahren um die Vormundschaft über den geistig verwirrten Johann Wilhelm.
1591 hatte die Gemahlin Johann Wilhelms einen Landtag in Düsseldorf einberufen, auf dem die territoriale Aufteilung des Erbes geklärt werden sollte. Doch während der Verhandlungen bildeten sich zwei Lager, ein katholisches und ein protestantisches, die beide die Vorherrschaft über das Gebiet forderten.
Als Herzog Johann Wilhelm im März 1609 verstarb, begannen sowohl Brandenburg als auch Pfalz-Neuburg damit Orte im Fürstentum zu besetzen, da beide einen berechtigten Erbanspruch für sich geltend machten.
Die Anordnung Rudolf II, eine gemeinsame Regentschaft unter seiner Aufsicht in Angriff zu nehmen, wurde von beiden Partein missachtet. Vielmehr schlossen sie sich zusammen und vereinbarten Jülich-Leve als gemeinsamen Besitz zu betrachten, bis eine endgültige Lösung gefunden werde. Neben den Gegnern von außen, übten die beiden potentiellen Erben auch gegenseitig aufeinander Druck aus. So kam es zu einer Annäherung des Neuenburgers an der Kaiser und die Lutheraner. Auf internationaler Ebene sorgte dieser Erbstreit ebenfalls für Aufmerksamkeit, so zog der französische König Henry IV. Truppen an der französisch-niederländischen Grenze zusammen, da er ein Eingreifen der Spanier in diesen Konflikt fürchtete.
Trotz dieser schlechten Vorzeichen konnte eine militärische Auseinandersetzung abgewendet werden. Die darauffolgende Zeit war von wechselnden Allianzen und Annäherungsversuchen zwischen den beteiligten Parteien bestimmt. 1613 folgte die unwiderrufliche Spaltung zwischen Brandenburg und Neuburg, da Johann Sigismund endgültig zum Calvinismus übertrat und Wolfgang Wilhelm katholisch wurde. Wolfgang Wilhelm rief Spanien um Hilfe und erhielt diese auch, auf der Seite Johann Sigismund standen u.a. die calvinistischen Niederländer.
Ende August 1614 standen sich schließlich die Heere von Graf Spinola (Spanien) und Prinz Moritz (Niederlande) gegenüber. Letztendlich schreckten beide Seiten eine Wiederaufnahme des spanisch-niederländischen Krieges zurück und Friedensverhandlungen wurden eingeleitet, die am 12. November 1614 im Vertrag von Xanten endeten.
Das Erbe aufgeteilt: Das Kurfürstentum Brandenburg erhielt das Herzogtum Kleve, die Grafschaft Mark und die Grafschaft Ravensberg, während dem Herzogtum Pfalz-Neuburg das Herzogtum Jülich und das Herzogtum Berg zugesprochen wurden.
Der Konflikt im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges, löste beinahe einen Krieg in Europa aus und zeigt damit wie groß die Anspannung in Europa zu dieser Zeit gewesen ist. Territoriale und konfessionelle Aspekte dieser Auseinandersetzung interessierten schließlich nicht nur die direkt beteiligten Parteien, sondern die europäischen Mächte generell..

Rosalie Timber und Martha Greenwood: Die letzte Hinrichtung am Tyburn Galgen (3. November 1783)

Montag, den 3. November 2008

„Da hängt er nun und macht keinen Mucks mehr. Der Arme!“
„Haben Dich denn alle guten Geister verlassen, Rosalie?! Der Arme? Dieser Taugenichts und Dieb, der hat es doch nicht besser verdient!“
„Ach was weißt denn Du, Martha. Du hast einen guten Mann, der genügend Geld nach Hause bringt und Dir keinen Ärger macht. Du musst nicht jeden Morgen darüber nachdenken, wie Du Deine Kinder satt bekommst oder wie Du den Winter durchstehen sollst.“
„Aber Rosalie, dass ist doch keine Entschuldigung. Dieser John Austin kann doch nicht einfach hingehen und anderen Menschen ihr hart verdientes Geld abnehmen. Das ist doch nicht richtig!“
„Martha, schau Dich doch in den Straßen um, welche Möglichkeit bleibt den Menschen denn noch. Wenn sie nichts zu beißen haben, vergessen sie ihre moralischen Grundsätze. So ist das nun einmal auf der Welt.“


„Wo hast Du denn das gelesen oder warst Du wieder bei diesem Prediger in Mullhouse Lane? Der setzt den Menschen doch nur Flausen in den Kopf!“
„Nein, nein er ruft nur auf zum Denken, denn nicht alles muss so sein wie es ist. Wir können unseres Glückes eigener Schmied sein und dafür sorgen, dass es uns besser geht. Doch dafür müssen wir kämpfen!“
„Aber doch nicht mit den Mitteln dieses Diebes! Das kann doch nicht im Sinne dieses Priesters sein. Schließlich gibt es die Zehn Gebote nach denen wir leben sollen, das sagt jedenfalls Pater Browns jeden Sonntag in der Kirche.“
„Ja, da hast du recht Martha. So habe ich es nicht gemeint. Ich wollte nur sagen, dass es manchmal so scheint, als ob die Umstände keinen anderen Ausweg erlauben und vielleicht hat John es so gesehen. Vielleicht hat er keinen anderen Weg gesehen als sich hier und da am Hab und Gut anderer zu vergreifen.“
„Hm, das mag sein. Aber es macht die Sache nicht besser, denn durch seine Taten wurden andere Menschen ins Unglück gestürzt. Denk an eine Familie – dem Vater wurde die Börse gestohlen nachdem er auf dem Markt Waren verkauft hat. Nun sitzt die Familie da ohne irgendetwas in der Hand. Die Ware ist fort und das Geld auch. Das ist doch kein Ausweg!“
„Nun, da hast Du vermutlich Recht. So hat muss er nun für seine Taten büßen.“
„Ja, da hängt er nun und tut niemandem mehr etwas zu Leide.“

Der Tyburn Galgen - Tyburn's Triple Tree

Am 3. November des Jahres 1783 war John Austin der letzte Mensch, der am Tyburn-Galgen gehenkt wurde, ein Straßenräuber, der zum Tod durch den Strick verurteilt worden war.
Der Tyburn-Galgen war nach einem kleinen Ort in Middlesex benannt worden, der heute einen Teil des Londoner Stadtbezirks City of Westminster bildet Vom 12. Jahrhundert bis zum Jahr 1783 war dieser Ort als der wichtigste Galgenplatz von London bekannt und berüchtigt.
Zu besonderen Bekanntheit gelangte Tyburn durch den so genannten Tyburn Tree, einem Galgen an dem gleichzeitig mehrere Opfer gehenkt werden konnten. Die Hinrichtungen am Tyburn-Galgen waren durch die Jahrhunderte ein beliebtes Spektakel bei weiten Teilen der Bevölkerung. Die Dorfbewohner von Tyburn erichteten große Tribünen, die den Schaulustigen, die in Massen zu den Hinrichtungen strömten, einen besonders guten Blick auf den Galgen ermöglichten.
Karte des Galgen in Tyburn
In Tyburn wurden überwiegend einfache Menschen hingerichtet. Diejenigen, die von Rang und Namen waren und zum Tode verurteilt wurde, wurden vor dem Tower hingerichtet. In Tyburn kam es im Laufe der Geschichte immer wieder zu Massenhinrichtungen, so zum Beispiel am 23. Juni 1649 als 23 Männer und eine Frau an diesem Galgen ihr Leben verloren.
Heute können Besucher von London sich an der Ecke Edgware Road und Bayswater Road einen Eindruck von der früheren Richterstatt verschaffen. Drei Messingtafeln erinnern heute an den Galgenplatz.

Muhammad al-Bakir, Lybischer Ziegenhirte: Der erste Luftangriff der Geschichte (1. November 1911)

Samstag, den 1. November 2008

flapflapflapflapflapflap
Was ist das? Es ist gar nicht die Jahreszeit für Sandstürme.

„Ssalha, komm schnell her und bring Mariam mit, es kommt ein Sturm auf.“
Dabei gibt es gar nicht die üblichen Anzeichen. Und den ganzen Tag war es windstill.

flapflapflapflapflapflap

Das Geräusch kommt näher. Aber es ist kein Sturm.

„Ssalha, hörst Du das auch?“
Sie scheint mich nicht zu hören. Sie ist etwas zu weit weg.

flapflapflapflapflapflap
Was mag das nur für ein Geräusch sein, das immer lauter wird?
Was ist das, ein seltsamer Vogel. Er schlägt gar nicht mit dem Flügeln.
Noch nie habe ich solch ein Geschöpf auf Allahs Erde gesehen.
Auch Ssalha scheint es zu sehen, sie hält bei der Arbeit inne.
Auch die anderen Menschen in der Oase schauen nach oben.

„Hat jemand schon so einen Vogel gesehen?
Alle schütteln den Kopf. Die Tiere sind ganz verwirrt.

Jetzt ist er gleich über uns. Starr sieht er aus, fast wie aus Holz. Jetzt lässt er etwas fallen. Gerade da wo Ssalha steht. Und noch etwas.

Was war das für ein Knall? Alles voller Staub und Sand. Ich kann Ssalha nicht sehen, auch die Tiere nicht. Und was ist mit Mariam unserer Tochter, die Ssalha mit den Tieren geholfen hat?

Der Staub legt sich. Ssalha, die Tiere, alle liegen am Boden - niemand bewegt sich. Auch da drüben nicht, wo der Vogel das zweite Ding fallen gelassen hat.
Was ist da los? Wo ist Mariam? Da drüben rennen die Leute hin. Sie schreien.
Ich muss zu Ssalha. Nur schnell hin! Schnell.

Ssalha! Was ist mit Dir? Überall Blut! Die Tiere rund um Ssalha sind tot.
„Werde doch wach!“ Sie hat Mariam unter sich begraben.
Ich muss sie rausholen.
„Schrei nicht, meine Tochter!“
Ssalha! Sie ist tot. Ihr Bein zerfetzt.
Gütiger Allah! was war das für ein Vogel?
Wo ist er hin? Auch das Geräusch ist nicht mehr zu hören.
Ssalha ist tot. Meine Tiere auch. Viele andere sind ebenfalls gestorben. Ich kann die Schreie hören. Aber Mariam lebt!

Flugzeug vom Typ Blériot XI

Von Ende September bis 1911 bis Mitte Oktober 1912 herrschte der italienisch-türkische Krieg.
Im Rahmen dieses Krieges kam es zu den wahrscheinlich ersten militärischen Einsätzen von Flugzeugen.
Zunächst wurde ein Flugzeug des Typs Blériot XI. am 23. Oktober zu einem Aufklärungsflug über Bengasi eingesetzt, dann warf ein Flugzeug des gleichen Typs am 1. November 1911 in einer „Vergeltungsaktion“ 2-Kilo-Bomben über zwei nahe Tripolis gelegenen Oasen ab.
Der Krieg war endgültig technisiert worden, immer moderner wurden die Waffen und immer schutzloser die Bevölkerung.
Der italienisch-türkische Krieg war ein von Italien begonnener Krieg, der dem Erwerb von Kolonialbesitzungen in Nordafrika dienen sollte. Einerseits ging es darum, innenpolitischen Problemen vorzubeugen, andererseits sollte der armen italienischen Bevölkerung eine Alternative zur Auswanderung nach Amerika gegeben werden.

Als neues italienisches Kolonialgebiet hatte man dafür osmanische Besitzungen in Nordafrika, in Tripolitanien und der Cyreneika auserkoren.
Der Krieg wurde von Italien provoziert, das vom osmanischen Reich die Abtretung der genannten Gebiete forderte und in der Folge der erwarteten Ablehnung des Gesuchs der Hohen Pforte den Krieg erklärte.
Der Krieg wurde in seinem frühen Verlauf immer mehr zu einem Pogrom an der arabischen Bevölkerung in den beanspruchten Gebieten, bei denen viele tausend Araber wahllos getötet wurden. Im Rahmen dieser Aktionen kam es zu den Bombenabwürfen vom 1.November. Diese und andere Aktion des italienischen Militärs veranlassten Lenin zu der Aussage, der Krieg sei ein „ein vervollkommnetes, zivilisiertes Massaker, ein Abschlachten der Araber mit neuzeitlichsten Waffen“.
Den Krieg nutzten 1912 Serbien, Bulgarien, Montenegro und Griechenland um ihrerseits dem in Nordafrika beschäftigten Osmanischen Reich den Krieg zu erklären. Es kam zum 1. Balkankrieg. Dieser Krieg stellte eine existentielle Bedrohung des Osmanischen Reiches dar, weit mehr, als der Krieg mit Italien. Somit musste die Hohe Pforte in Friedensverhandlungen mit Italien eintreten. Im daraus resultierenden Frieden von Ouchy verzichtete das Osmanische Reich auf die von Italien beanspruchten Gebiete, das zusätzlich die in der östlichen Ägäis gelegene Inselgruppe der Dodekanes, zu denen auch Rhodos gehört, besetzt hielt. Diese wurden Italien 1923 auch offiziell von der Türkei abgetreten und kamen, in Folge des zweiten Weltkrieges 1947, nachdem sie zwischenzeitlich deutsch und dann britisch verwaltet wurden, zu Griechenland.
Bei dem Flugzeug, das beim geschilderten Angriff zum Einsatz kam handelte es sich um eine Maschine vom Typ Blériot XI. Diese Maschine aus der Flugzeugschmiede des französischen Luftfahrtpioniers Louis Blériot war zu Berühmtheit gelangt, weil ihr eine Überquerung des Ärmelkanals, der erste Überflug über den Simplon-Pass sowie ein europäischer Flugdauer- und ein Geschwindigkeitsrekord gelungen waren.
Sie wurde auch zum ersten Militärflugzeug der Schweizer Luftwaffe, das mit einem seitlich an der Maschine angebrachten Karabiner bewaffnet war.